Meine große Liebe
Datum: 08.07.2020,
Kategorien:
Schwule
... gelacht und ich hatte ihm gern zugehört. Dann war er gegangen und mich überkam wie in letzter Zeit oft Wehmut. Ich war trotz meiner neunzehn Jahre allein, hatte keinen festen Freund. Den ich auch gar nicht brauchte, hatte ich mir eingeredet. Ich kannte doch genug Jungs, war kein Mauerblümchen. Aber jetzt dachte ich, dass ich nicht viele Jungs brauchte, sondern nur einen. Und eigentlich wusste ich auch, welchen. Ich spürte ein Kribbeln im Bauch. Nur leider ging das nicht.
Ich begann mein Zimmer aufzuräumen, ich musste etwas tun, um mich von Levi abzulenken, an den ich inzwischen manchmal sogar dachte, wenn ich mit einem anderen Jungen schlief. Levi, der so alt war wie ich und mit dem ich zusammen in einer Studenten-WG wohnte, zu der noch zwei weitere Jungs gehörten.
Es hatte mich ganz plötzlich erwischt. Levi hatte mit untergeschlagenen Beinen und Kopfhörern auf dem Sofa gesessen, Musik gehört, er liebte Johann Sebastian Bach, und zu mir aufgeblickt, mich angestrahlt und - von einem Moment auf den anderen hatte ich mich in ihn verliebt. Auf einmal hatte ich alles an ihm süß gefunden, sein Grinsen, seinen Ohrstecker, seine Sneakers, seine Spray-on-Jeans, die so viel von ihm zeigten ... ich fand ihn so wunderschön, dass ich schon vom Ansehen Atemnot und weiche Knie kriegte.
Manchmal kam ich ihm so nah, dass ich seinen warmen Atem spürte. Oder sah, wie sein Herz unter dem grauen Pullover oder dem T-Shirt schlug. Ich konnte es kaum ertragen. Levi hatte den schönsten Mund ...
... der Welt, mit Lippen, die so voll und weich und rot waren und einen förmlich dazu aufforderten, sie zu küssen. Wie oft hatte ich seither von ihm geträumt, seinen glänzenden Augen, wenn er sich über etwas freute, und seinen wuscheligen schwarzen Haaren, die ihm ständig ins Gesicht fielen. Und ich bekam Herzrasen, wenn ich mir vorstellte, am Morgen neben ihm im Bett aufzuwachen.
Er machte kein Geheimnis daraus, dass er schwul war, und hatte oft Jungs über Nacht zu Besuch. Aber ich brachte nicht den Mut auf, mich vor ihm zu outen. Ich traute mich nicht einmal, das Tom-of-Finland-T-Shirt anzuziehen, das Leander, mein früherer Schwimmtrainer, mir geschenkt hatte. Eigentlich wusste ich gar nicht, warum. Bei anderen Jungs war ich inzwischen überhaupt nicht mehr schüchtern und hatte auch keine Hemmungen, einen Jungen anzusprechen, wenn er mir gefiel. Hatte ich Angst, Levi könnte es als plumpe Anmache verstehen? Denn ich spürte, dass meine Gefühle für ihn tiefer gingen als bei anderen. Ich war dabei, mich ernsthaft zu verlieben! Aber Levi hatte ja schon seine Clique, redete ich mir ein, warum sollte er sich für mich interessieren?
Da war zum Beispiel Tom, ein Bikertyp mit Motorrad, der eine Zeitlang oft bei Levi übernachtet hatte. Einmal beobachtete ich am Morgen danach zufällig durch das Fenster, wie die beiden sich auf der Straße verabschiedeten. Breitbeinig stand Tom in seiner alten Lederjacke da, die Maschine mit laufendem Motor zwischen den Beinen, drehte sich zu Levi und ...