Schauspieltraining
Datum: 11.09.2020,
Kategorien:
Kunst,
... hoch zufrieden auseinander. Mary gratulierte sich zu dem Entschluss, Theater spielen zu wollen und überlegte noch kurz, ob sie Rick überreden sollte mitzukommen. Dann verwarf sie den Gedanken wieder. Rick war nicht so kulturbeflissen und in dieser Gruppe aus Einzelpersonen hätte ein Ehepaar nur gestört.
Natürlich berichtete sie Rick von ihrer neuen Beschäftigung. Er konnte ihren begeisterten Bericht nur begrenzt Interesse abgewinnen, aber redete ihr das Theater auch nicht aus. Das wollte er sich nicht nachsagen lassen, dass er ein Haustyrann sei, der seine Frau kaum weggehen lässt. Er sagte fest zu, er würde sich das Stück ansehen, wenn es zur Aufführung käme, was immer es auch sei. Er wusste zwar, dass zu so einem Stück auch Liebesszenen gehören. Sich seine Frau in den Armen eines anderen Mannes vorzustellen, machte ihm aber kein Kopfzerbrechen, wenn das auf offener Bühne geschah.
In der nächsten Probe kamen Atemübungen, Sprechübungen und emotionale (natürlich gespielte) Ausbrüche dran. Mary fand, die Feuerwehr, SEK oder GSG9 müssten anrücken, wenn zwanzig Menschen auf ein Kommando hin Entsetzensschreie ausstoßen, Abscheu laut herausschreien oder vor Wut brüllen. Aber wenige Sekunden später gab es dann Gelächter oder ein mehr oder weniger gelungenes Feuerwerks-"Aaaaaaaaaaaaaahh"
Die bei den Teilnehmern mehr oder weniger dialektgeprägte Aussprache musste verbessert werden. Thoralf ließ sie doch tatsächlich aus Pygmalion den Nonsens-Satz "Es grünt so grün- wenn ...
... Spaniens Blüten blühen." unzähligemale aufsagen. Körperliche Nähe aushalten war auch ein Thema. Thoralf erklärte allen, dass jedes Lebewesen eine Fluchtdistanz besitzt, die, wenn sie von Fremden unterschritten wird zur Flucht oder zu Aggression, auf jeden Fall aber zu Unwohlsein führt.
Die Ensemblemitglieder sollten lernen, wie man zum Beispiel Berührungen aushält, die Scheu verliert, andere zu berühren. All dies sollte der Rolle dienen, die jeder später spielen würde, nichts aber mit der Befindlichkeit des Einzelnen zu tun haben. Die erste Übung im Doppelkreis war es, mit geschlossenen Augen dem gegenüberstehenden Menschen das Gesicht abzutasten und anschließend - weiterhin mit geschlossenen Augen- zu beschreiben.
Marys Ansicht nach ging das schief. Erstens hatte man sich schon vorher gesehen und zweitens reichte die Beschreibung nicht weiter, als das der Andere eine Nase, Augen, Mund und Ohren hatte. Aber das Gefühl , einen Fremden im Gesicht zu fühlen war schon eigenartig. Sebastian hatte ja auch am ersten Tag Thoralf an seinem Hals ertragen und eine Erdrosselung vorgespielt.
Auch diesmal war Mary im Außenkreis und konnte nacheinander die Hände der Männer im Gesicht spüren und natürlich deren Gesichter selbst fühlen. Vielleicht führte das zu einer emotionalen Überlastung, am Ende jedenfalls spürte Mary gar nichts mehr dabei. Bei der nächsten Übung stellte Thoralf eine der jüngeren Frauen vor sich, wobei beide in die gleiche Richtung blickten. Er legte beide Hände auf ...