Die neue Dienerin der Ishtar
Datum: 14.09.2020,
Kategorien:
Sci-Fi & Phantasie,
Bevor ich beginne zu lügen: Diese Geschichte fußt lose auf eine Erzählung des Herodots, des Vaters der Geschichtsschreibung, ein Grieche rund tausend Jahre nach diesen Ereignissen. Die Gesetze des Hamurabi und seine Lebensumstände und einige Details stimmen. Der Mythos, in der Mitte ist der babylonischen Variante nacherzählt, wie er sich in der Bibliothek des Ausur-banni-apli in Ninive erhalten hat. Das Lied entstammt einer Gedichtsammlung aus der Zeit der Akkader. Der Rest ist alles, hoffentlich gut, erlogen.
Eine letzte Umarmung von meiner lieben Mutter war mir noch vergönnt. Sie hatte mich meine ganze Jungend beschützt und gelehrt. Doch niemand kann eine Tochter, auch wenn sie schon erwachsen, aber noch nicht verheiratet war, vor den Plänen eines Vaters, der sich vorgenommen hat, die Leitung für die Bewässerungskanäle der Gegend zu übernehmen, schützen. Da war es üblich, dass so ein Bewerber den Beamten des Tempels und des Königs einiges an Geschenken gab, denn ein Bewerber muss beweisen, dass er fähig und willens ist für das Bewässerungssystem auch Gold in die Hand zu nehmen, um alles in Schuss zu halten. Dafür bekam er von den Bauern Anteile von Getreide, welches er wiederum zu Gold machen konnte. Es war also eine gute Investition.
Das Problem war, dass mein Vater kein Geld hatte, sondern nur 4 Töchter. Da Töchter bei einer Hochzeit nur Gold verbrauchten und keines einbringen, entschied mein Vater, mich an den Tempel zu geben, damit er genügend Gold bekam, um die ...
... nötigen Geschenke zu machen. So war ihm am meisten geholfen.
Natürlich wurde weder meine Mutter noch ich gefragt. Frauen wurden im Allgemeinen nicht gefragt. Es gibt aus uralter Zeit Berichte, dass die Meinung der Frauen entscheidend war, doch das war in früher Vorzeit, zweitausend Jahre vor meiner Zeit. Wir beiden lagen uns in den Armen und weinten.
Ich, ihre große Tochter, sollte ihr nicht mehr helfen können, das Getreide zu mahlen und Bier zu brauen. Ich sollte nicht sehen wie meine Schwestern aufwachsen, wie sie in die Reife kamen und ihre Brüste begannen zu wachsen und sie die ersten Haare an ihrer Scham bekamen. All das sollte ich nicht erleben dürfen. Sie drückte mich nochmal und flüsterte mir zu: „Tochter, Schwierigkeiten sind nichts anderes als stachlige Möglichkeiten! Bleibe stark, egal was auch geschieht!"
So gingen mein Vater und ich die Stunde, um an den Euphrat zu gelangen, und betraten dort eines der Schiffe, welches uns in die „ewige Stadt", nach Babylon bringen sollte. Viel haben wir nicht miteinander gesprochen.
Als diese Entscheidung fiel, bekam unsere Beziehung nicht nur einen Sprung, sie war ganz zerbrochen. Er hatte sich für seinen Erfolg und gegen mich entschieden. Warum sollte ich da noch mit ihm reden?
Flucht war unmöglich, denn wenn ich gefangen werden würde, dann würde ich getötet werden, weil ich meinem Vater untreu geworden wäre. So besagten es die Gesetzesstelen, welche unser Großkönig Hamurabi vor kurzem aufgestellt hatte. Marduk, ...