1. Eine nachhaltige Begegnung im Café


    Datum: 13.12.2018, Kategorien: Hausfrauen

    Ein Blick auf meine Uhr: Mist, schon 10 Minuten zu spät. Ich hastete prustend und angestrengt die Treppen vom S-Bahnhof Hohenzollerndamm zur Straße hoch, dann links, 30, 50 Meter bis zum Café, Wilmersdorf. Ich hatte mich dort zu einem wichtigen Geschäftsgespräch verabredet.
    
    Das Café schien eher unauffällig, präsentierte sich überdies in einem fast leicht angegilbten 60er-Jahre-Charme, bürgerlich, sauber. Das Interieur bestand mehrheitlich aus beigefarbenen Loungesesseln, Muscheldesign, zwei bis drei jeweils um einen runden Tisch. Der Gastraum war schmal, aber recht langgestreckt, eine kleine Treppe zwischen Kuchentheke bzw. Bäckereiverkauf zur Straße und höhergelegenen Gastraum.
    
    Eine schon übliche, dezente Caféhausmusik umschmeichelte die Ohren. Zwei, drei Kellner und Kellnerinnen balancierten geübt die bestellten „Kostbarkeiten" heran, räumten ab, richteten leere Tische erneut her.
    
    Ich sah meinen Gesprächspartner auf Anhieb, schon weil er signalgebend seinen rechten Arm hochstreckte. Das Café war gut besucht. Etwa zwei Drittel der Tische war besetzt, meist mit zwei Gästen jeweils, aber mehrere auch mit Einzelpersonen, wie zwei ältere Damen sowie ein älterer Mann, der sich wohl konzentriert dem 'Tagesspiegel' widmete. Die beiden Damen, adrett gekleidet in ihren Kostümen, die eine eindeutig in einem hellrötlichen Chanel-Kostüm, wirkten überaus passend zum Stil des Hauses. Der Charme der „Wilmersdorfer-Witwen" wehte von ihnen herüber, mein kurzer, wie auch kesser ...
    ... Gedanke.
    
    Nun denn, ich eilte, immer noch schwer atmend, auf meinen Gesprächspartner Klaus zu, entschuldigte meine Verspätung und ließ mich endlich entspannend in einen der Sessel am Fenster fallen. Ein Ober eilte hinzu, nahm meine Bestellung auf, denn mein Gesprächspartner hatte seinen dampfenden Kaffee mit einem Croissant bereits vor sich zu stehen. Wir packten schon mal unsere Papiere aus, wenngleich die ersten Minuten dem unvermeidlichen Small-Talk gewidmet waren, ein Potpourri über unsere Familien sowie natürlich Kollegen- bzw. Konkurrenztratsch und aktuelle Stadteindrücke.
    
    Wir legten dann aber inhaltlich los. Es gab viel zu besprechen und viel zu bewerten. Zeitweise versank die Umgebung um uns. Nicht einmal das allgemeine Stimmengewirr hier störte uns schließlich. Zu entscheidenden Fragen pflegte ich stets den Augenkontakt zu meinem Freund und Partner, signalisierte ich damit meine Aufmerksamkeit und mein Interesse. Bei einer seiner längeren Ausführungen allerdings schweifte, für eine oder zwei gefühlte Sekunden nur, mein Blick über seine linke Schulter hinweg.
    
    In der Sichtachse zum hinteren Café-Raum, in die linke Ecke, fast abseits, fing mich das Augenpaar der adretten Dame im Chanel-Kostüm ein. Sie sah zu mir, besser zu uns herüber, auffällig unbeweglich, starr geradezu. Sie verwirrte mich irgendwie, aber ich löste mich auch gleich wieder, um dem Gespräch weiter zu folgen. Nach knapp vier, fünf Minuten schaute ich erneut hoch, und ... wieder der Blick. Shit, bloß ...
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