Claudias Selbstfindung – Teil 2
Datum: 07.10.2020,
Kategorien:
Schamsituation
... Thomas.
Windstille. Das Auge des Hurricans hatte mein Denken erreicht, das Wort, das eine Wort, Skulptur, war der Schlüssel für mich und diese Situation. Wunderbar. Ich rührte mich nicht, dafür führte ich seinen Satz einfach weiter, mit entblößten Brüsten, hitzigen Achseln, pulsierendem Schoß und meinem Top über den Augen. Sprechdenkend, sprechträumend, während der Sturm wieder zunahm:
„Die Skulptur wurde unter dem Palast des Echnaton in Amarna gefunden.“
Was redete ich da? Egal, weiter:
„Sie stand in einem winzigen Raum. Ihr gegenüber stand lediglich eine Sänfte. Die Kartuschen zeigen, die Skulptur zeigt Nofretete, auf der Sänfte durfte nur Echnaton platz nehmen.
Die Skulptur Nofretetes lehnt an einem Basaltfelsen, sie selbst ist aus einem einzigen Stück weißem Kalkstein gearbeitet. Selbst der Hauch von einem Tuch, der ihren Schoß bedeckt, ist aus Stein. Lediglich ihre Brustwarzen sind aus Rosengranit eingelegt und in ihrem Bauchnabel glänzt ein aus Wüstenglas gearbeiteter Schmuck – der Kelch einer nach oben geöffneten Lotosblüte.
Während das Gesicht, das sich nach hinten streckt, nicht ausgearbeitet ist, hat der Künstler umso mehr Wert auf die Gestaltung der Arme, Achseln, Brüste und des Bauches gelegt. Die ganze Skulptur ist völlig untypisch für Ägypten, aber wie auch die Amarna-Kunst völlig anders war als alles bisherige, so nimmt diese Arbeit einen weiteren Platz in der Vollendung der Steinmetzkunst ein. Vom typischen Amarna-Bauch ist in dieser Lage ...
... kein Ansatz zu erkennen. Die untere Rundung der Brust fließt über in die weich ausgearbeiteten Rippenbögen, darunter streckt sich der Bauch flach bis in den Schoß.
Die Inschriften auf der Sänfte besagen, dass Echnaton diese zu Ehren seiner verstorbenen Königin hat erschaffen lassen und sich in dieser Kammer an ihr ergötzte.“
Thomas sagte kein Wort. War er überhaupt noch da? Ich machte eine kurze Pause, hörte seinen Atem und war froh darüber.
„Inzwischen ist eine exakte Kopie dieser Skulptur aus Original-Material hier in Rostock im eigens dafür geschaffenen Museum untergebracht. Besucht werden kann es nur mit Anmeldung, jedem Besucher stehen fünfzehn Minuten zur Verfügung. Am Eingang erhält der Besucher eine Broschüre.
Nun bist Du an der Reihe, Thomas. Tritt ein … und das steht in der Broschüre:
Verehrter Besucher, verehrte Besucherin,
Sie werden jetzt vor Nofretete Platz nehmen. Den Infotafeln am Eingang haben Sie bereits den Schaffensgrund der Skulptur erfahren und so bitten wir Sie, es sich bequem zu machen. Sie haben nun fünfzehn Minuten Zeit mit Nofretete.
Bitte beachten Sie: Aus Diskretionsgründen befinden sich keine Überwachungskameras im Raum, das Kunstwerk selbst ist durch Bewegungsmelder geschützt. Berühren ist strengstens verboten. Bitte bleiben Sie hinter der goldenen Linie auf dem Boden.
Neben sich finden Sie Hygienetücher, die Sie nach Gebrauch bitte unter der Sänfte in den Korb ablegen.
Und nun wünschen wir Ihnen bei einem Anblick, der ...