Argonauta Kapitel 12-22
Datum: 15.10.2020,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
... eckige Lesebrille, die auf seiner riesigen Adlernase ruhte, noch verstärkt wurde.
Mit McCallum möchte ich niemals in einem Verhör sein, schoss es Annie durch den Kopf und auf einmal kam ihr ihre Idee überhaupt nicht mehr gut vor.
Annie räusperte sich.
„Sir?", fragte sie vorsichtig. Sie hatte bislang noch nicht oft ein Anliegen bei ihrem Revierleiter vorgetragen, schließlich stand sie als einfacher Constable in der Hackordnung ganz unten, wenngleich sie seit fünf Jahren ausgezeichnete Arbeit verrichtete.Schade nur, dass bislang niemand davon Notiz genommen hat.
„Constable Blackthorne, fassen Sie sich kurz, ich bin beschäftigt. Der Comissioner erwartet von mir den Quartalsbericht."
„Ja, Sir, natürlich. Es dauert nicht lange, Sir."
„Dann mal raus mit der Sprache, Constable."
„Sir, ich hatte gestern kurz vor Dienstschluss einen Anruf wegen einer Vermisstenmeldung. Lydia Singer, achtundfünfzig, wollte ihren Mann, Donald Singer, sechzig, vermisst melden. Singer ist Professor für Kunstgeschichte an der UQ und war nach Aussage seiner Frau am Vormittag in seinem Büro in der Universität, um Klausuren zu korrigieren."
„An einem Sonntag?", entgegnete McCallum gedehnt.
„Seine Frau meint, das wäre nicht ungewöhnlich für ihren Mann. Am Sonntag sei's im Institut besonders ruhig und er könne daher konzentrierter arbeiten."
„Aha. Weiter?"
„Mrs Singer meinte, sie habe gegen halb zwölf noch mit ihrem Mann am Telefon gesprochen. Er sei dann aber nicht, wie ...
... vereinbart, zum Mittagessen zu Hause erschienen. Lucie, ihre Tochter ist aus Sydney zu Besuch. Wollte wohl ihren Eltern ihren Verlobten vorstellen."
McCallum warf einen flüchtigen Blick auf eine goldene Armbanduhr. 07:46 Uhr. „Das sind noch keine vierundzwanzig Stunden, Constable."
„Das ist mir bewusst, Sir. Darauf habe ich Mrs Singer auch hingewiesen. Sie hat mir aber glaubhaft erklärt, dass es nicht die Art ihres Mannes sei, nicht nach Hause zu kommen."
„Constable, es kann unzählige Gründe dafür geben, warum der Mann nicht nach Hause gekommen ist. Vielleicht hat er unterwegs in einer Bar angehalten und sich die Kante gegeben. Oder er ist irgendwo in einem Krankenhaus eingeliefert worden."
„Das hat seine Frau schon überprüft. Sie hat in jedem Krankenhaus der Stadt angerufen. Ein Mann, der auf Singers Beschreibung passt, wurde nirgends eingeliefert."
Der Superintendent gähnte. Gelangweilt sagte er: „Nun, die Sache ist klar. Wir können frühestens nach vierundzwanzig Stunden in Vermisstenfällen aktiv werden. Legen Sie die Akte ins Fach. Wir warten ab und wenn er bis heute nicht wieder aufgetaucht ist, können wir immer noch aktiv werden."
Annie hielt einen Augenblick inne, ehe sie zögerlich fortfuhr: „Sir, ehrlich gesagt fand ich, dass ich der Sache besser gleich nachgehen sollte. Also bin ich nach Dienstschluss zu Mrs Singer gefahren und habe bereits eine Vermisstenanzeige aufgenommen."
„Sie habenwas?", polterte McCallum. Erstmals sah er zu Annie auf und stierte ...