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TABU
Datum: 25.03.2021, Kategorien: Erstes Mal
... hattet?" Betretenes Schweigen. Plötzlich meldete sich eine Schülerin zaghaft, indem sie ihren Ellenbogen unter dem Tisch gerade weit genug beugte, dass ihre Fingerspitze knapp über die Tischkante ragte. Ich blickte die Schülerin aufmunternd an und fragte sie, ob dies eine Meldung sein sollte. Verschämt blickte sie nach unten, nickte zaghaft mit dem Kopf und hob den Arm langsam so weit hoch, dass dies tatsächlich als echte Meldung zu interpretieren war. Nur wenige Augenblicke später ging der nächste Arm hoch, dann noch einer und noch einer, ehe schließlich ganze neun Schüler ihren Arm erhoben hatten. Mir fiel ein Stein vom Herzen, denn ich hatte schon die Befürchtung, es könnten am Ende mehr als Zwölf sein, die in Mathematik Probleme hatten. Zufrieden griff ich in meine Handtasche und zog den Stapel mit kleinen Bilderrähmchen hervor, in die ich am Abend zuvor die vierblättrigen Kleeblätter unter Glas eingelegt hatte. Jedem der neun Schüler, die sich gemeldet hatten, überreichte ich einen der Bilderrähmchen und wünschte ihnen viel Glück, dass es in diesem Schuljahr besser mit Mathe klappen würde. Ein unruhiges Gemurmel breitete sich unter den Schülern aus, dem ich entnehmen konnte, dass sie von meinem Einfall total begeistert waren. Die Schüler mit den Bilderrähmchen in der Hand blickten mich dankbar lächelnd an. Sie konnten sich nun auf jeden Fall darauf verlassen, dass es absolut nicht meine Absicht war, sie in Mathe fertig zu machen oder ihnen gar aus bösem ...
... Willen eine schlechte Note zu verpassen. "Ich habe noch drei vierblättrige Kleeblätter übrig" wandte ich mich wieder an die Klasse. "Die bekommen dann diejenigen unter Euch, die nachher zum Klassensprecher oder dessen Vertreter gewählt werden, damit sie viel Glück in ihrer Amtszeit haben mögen. Das letzte Kleeblatt ist dann für den Klassenbuchführer, als kleines Dankeschön, für die Extraarbeit, die mit diesem Amt verbunden ist. Eine Schülerin aus der ersten Reihe hob den Arm. "Ja, Tamara, was möchtest Du gern wissen"? Ich konnte sehen, wie die Angesprochene tief durchatmete, ehe sie zum Sprechen ansetzte. Ihre ganze Körperhaltung drückte aus, dass sie offensichtlich etwas sehr wichtiges mitzuteilen hatte. "Man sagt doch nicht mehr Klassensprecher, Vertreter und Klassenbuchführer, sondern KlassenspecherIN, VertreterIN und KlassenbuchführerIN!" Nachdem sie die Endsilben der drei Klassenämter übertrieben betonte, blickte Tamara triumphierend nach links und rechts, um sich zu vergewissern, dass der Rest der Klasse sie für ihren Einwand bewunderte. "Aha, MAN sagt das also so. Wer ist den bitte MAN"? Und sagt das nur MAN oder sagt das auch FRAU? "Also meine Mama hat mir gesagt, dass man das heute so sagen muss, damit wir Frauen endlich auch zu unserem Recht kommen und nicht mehr von den Männern unterdrückt werden. Und außerdem ist meine Mama Radiosprecherin beim hessischen Rundfunk und deswegen muss sie ja schließlich besser wissen, dass man das heute so sagen ...