1. Doro 02: Die Einweisung


    Datum: 31.01.2019, Kategorien: Nicht festgelegt,

    ... Sie mich gehen", jammerte sie, wohl wissend, dass keiner sie verstehen konnte.
    
    Zu ihrer großen Überraschung fasste er nicht sie, sondern berührte seinen Kollegen an der Schulter und redete mit ihm. Nach kurzem Zögern ließ der Angesprochene Doro frei und sie stolperte erleichtert von ihm weg. Hastig zerrte sie ihre Hosen nach oben und verknotete sie am Bund.
    
    Wieder spürte sie eine Berührung. Doch entgegen der erbarmungslosen Umklammerung, der sie entkommen war, war dieser Griff an ihren Oberarm geradezu freundlich. So unerwartet diese Wendung gekommen war, machte sie Doro unmissverständlich klar, dass sie lernen musste, die Menschen, die hier über ihr Leben entschieden, einzuschätzen. Ihr Wohlergehen und ihre Gesundheit würden davon abhängen.
    
    Widerstandslos ließ sie sich abführen. Wieder ging der Weg durch Gänge, über Treppen und durch vergitterte Türen. Längst hatte sie aufgegeben, sich orientieren zu wollen. Vor einer Zellentür endete der Marsch. Ein Schlüsselbund tauchte auf und der Einlass wurde aufgeschlossen.
    
    Mit ein paar Worten, vermutlich an die Insassin gerichtet, wurde Doro hineingeführt, dann fiel die Eisentür schwer und laut hinter ihr zu. Das Klicken des Türschlosses besiegelte ihr Schicksal endgültig.
    
    Eine schmale Pritsche stand entlang einer kahlen Mauer, darauf eine zusammengeklappte Matratze ein schlaffes Kissen und eine gefaltete, kratzig ausschauende Decke.
    
    Die andere Seite des winzigen Raumes wirkte im Vergleich geradezu wohnlich. Über ...
    ... das benutzte Bett war eine vielfarbige Patchwork-Decke ausgebreitet. An der Wand darüber hatte jemand bunte Ansichtskarten angebracht.
    
    Die Besitzerin des kleinen Reichs stand daneben. Eine dunkelhaarige Frau, Doro schätzte sie auf etwa vierzig. Sie hatte ein rundliches Gesicht, nussbraune Augen, überragte den Neuankömmling um fast einen Kopf und schien etwas mollig zu sein, was die unförmige Gefängniskleidung kaschierte. Zumindest trug sie Bekleidung in passender Größe, wie Doro neidvoll registrierte.
    
    „Willkommen, ich bin Tanja."
    
    Doro blinzelte ungläubig. Ein landestypischer Akzent färbte das Deutsch hörbar, es war aber gut verständlich. Die Sprecherin fuhr fort.
    
    „Sie sagten, dass sie dich in meine Zelle stecken, damit wir reden konnen. Ich arbeitete ein paar Jahre in Munchen. Komm, setz dich. Du siehst aus, wie nasse Katze voll Angst."
    
    „Äh, danke", stammelte Doro. Dann fiel ihr ein, dass es unhöflich wäre, sich nicht ebenfalls vorzustellen. „Mein Name ist Dorothea Höker. Doro, für meine Freunde."
    
    Die ältere Frau erinnerte sie an die Matrone, die ihr im Polizeigefängnis Trost gespendet hatte. Dadurch fiel es ihr leicht, ihr natürliches Misstrauen zurückzudrängen und auf sie zuzugehen.
    
    „Also Doro. Nochmal Willkommen. Setz dich zu mir."
    
    Tanja setzte sich auf ihr Bett und tätschelte den Platz auf der Matratze neben ihr. Doro folgte der Einladung. Sie war so froh, jemanden zu haben, mit dem sie sich unterhalten konnte. Sie musste einfach mit jemandem reden, ...
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