Die Anstellungsprüfung
Datum: 17.02.2022,
Kategorien:
Voyeurismus / Exhibitionismus
... vielleicht möglich. Wir hier sind ja noch nicht einmal an die Eisenbahn angeschlossen", erwiderte die Gräfin. "Wir sollten uns nicht solchen Phantastereien hingeben und ein näher gelegenes Reiseziel anstreben. Wir nehmen den Kaffee im Türkischen Salon."
"Aber Frau Gräfin", fuhr Miss Robinson auf einmal erschrocken hoch, "das ist doch wirklich nicht nötig. Sie müssen sich keine solche Mühe machen. Ich denke, Sie konnten sich ein Bild vom Bewerber machen. Er wird sicher müde von der Reise sein."
"Es ist nicht nur nötig, sondern wird sich in diesem Falle auch einmal lohnen. Ich habe meiner Cousine versprochen, den Bewerber dieses Mal ganz genau kennenzulernen und daran halte ich mich. Kommt Ihr? Dann werden wir für unseren Gast alles vorbereiten", sprach die Gräfin zu Miss Robinson, die auf diesen Befehl nichts mehr zu erwidern hatte.
Georg konnte den Blick, den ihm Miss Robinson beim Aufstehen zuwarf, nur schwer deuten. Er spiegelte eine Mischung aus unterdrücktem Ärger (dass die Gräfin sie so herumkommandieren konnte?), Bedauern (dass sie ihn in die Sache hineingezogen hatte?) und freudiger Erwartung (auf den Kaffee?) wider. So blieb er ratlos zurück, als Miss Robinson der Gräfin folgend den Speisesaal verließ.
George saß noch eine Weile alleine am Tisch, bis der Diener ihn abholte und über die Hintertreppe in den ersten Stock führte. Sie waren jetzt offenbar in einem älteren Teil des Schlosses. Der Türkische Salon entpuppe sich als ein Zimmer mit einem großen ...
... Erker, unter dessen drei Fenstern niedrige Sofas angeordnet waren. Ein roter Orientteppich war zwischen ihnen ausgebreitet. Da es draußen bereits dunkel war, entzündete der Diener einige bunte Lampen. Er bedeutete Georg sich zu setzen, die Gräfin würde bald eintreffen. Das Zimmer verbreitete eine trauliche Stimmung: Die niedrige Decke war mit dunklem Holz vertäfelt und als einziges Möbelstück neben den Sofas stand eine kunstvoll verzierte Truhe an der Wand. Georg lehnte sich gegen das große Kissen in seinem Rücken und wartete.
Um sich die Zeit zu vertreiben, nahm er das kleine Buch mit dem grünen, abgegriffenen Einband in die Hand, das neben ihm auf dem Sofa lag. Außen war ein kleiner goldener Halbmond eingraviert, innen war der Buchdeckel mit bunt marmoriertem Papier ausgekleidet. Georg las den Titel:
"Türckisches Haus- und Zauberbüchlein, für erblühende Frauenzimmer, werdende Mütter und liebende Gattinnen mit allerlei Ratschlägen, Rezepten und Zaubersprüchen die Schönheit, das Liebesverlangen, die verschiedenen Modi des Beischlafes und die Kindsgeburt betreffend, gesammlet von der Gräfin C*** nach eingehender freundschaftlicher Befragung der Dame S***, ehemalige Lust-Sklavin des Sultans ietzt Hofmeisterin vorselbiger, mit einem Nachwort und Kommentaren versehen von der Kloster-Apothekerin Schwester B***."
Der barocke und rätselhafte Titel setzte sich in der für Georgs Geschmack wirre Aufzählung des Inhalts fort. Dafür wurde der Leser durch schöne Abbildungen und Tafeln ...