1. Das Bild (1)


    Datum: 24.12.2023, Kategorien: Schamsituation

    Hallo, ich bin Julia und 29 Jahre alt. Am letzten Samstag des Septembers war ich, die gut 300 Meter, von meiner Wohnung, zu Daniel, der uns zu seinem dreißigsten Geburtstag eingeladen hatte, zu Fuß durch den milden Herbstabend gegangen. Ich erwartete keine große Party. Wie immer, rechnete ich nur mit Sarah, Jan, Laura und Tim als die weiteren Gäste. Und, wie so oft, musste ich davon ausgehen, dass ich mal wieder die Letzte unserer Clique war, die eintreffen würde.
    
    Ich klingelte und kurze Zeit darauf ertönte der Türsummer. Als ich gerade die Tür aufdrücken wollte, kam plötzlich Sarah von hinten und schob sie zusammen mit mir auf.
    
    „Aber nicht überholen!“, sagte ich scherzhaft, „Das ist das erste Mal in den vergangenen drei Jahren, dass ich nicht die Letzte bin.“
    
    „Sei´s dir gegönnt!“, sagte sie nur, „Ich bin schließlich oft genug die Erste. Aber heute ging´s wirklich nicht ehr.“
    
    Wir begrüßten uns kurz mit Küsschen und gingen zusammen die ersten Treppenstufen hoch. Auf dem ersten Plateau fragte sie mit vorwurfsvollem Unterton: „Du wirst doch nicht? Ich meine, das ist doch nicht etwa, oder?“ Dabei blickte sie auf das flache Paket, das ich mühevoll in Geschenkpapier eingeschlagen hatte und unter dem Arm trug.“
    
    „Natürlich!“, sagte ich, „Ihr habt doch alle eins von mir zum Dreißigsten bekommen!“
    
    „Julia, dein künstlerisches Talent in allen Ehren, aber hättest du für Daniel nicht etwas anderes zum Geburtstag finden können?“
    
    „Wieso?“
    
    „Frag, noch wieso! Ich meine ...
    ... …“
    
    „Da seid Ihr ja“, begrüße uns Jan, der oben an Daniels Wohnungstür stand, die mittlerweile nur noch eine halbe Etage entfernt war. „Schön Euch zu sehen! Ich dachte schon…“
    
    Er unterbrach seinen Satz, als er registrierte, was ich da allen Anschein nach unter meinem Arm trug. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“
    
    Ich ging auf ihn zu, drückte ihm im Vorbeigehen einen Kuss auf die Wange und antwortete: „Doch! Warum nicht?“
    
    „Na, weil …,“ stotterte Jan irritiert und verständnislos.
    
    Sarah half: „Na, weil er sich sicherlich nicht allzu viel aus Gemälden macht!“
    
    Nun kam das Geburtstagskind dazu und fragte: „Aus was mache ich mir nichts?“
    
    „Die beiden halten dich für einen Kunstbanausen!“
    
    Ich nahm ihn in den Arm, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und sagte: „Alles Gute zum Geburtstag! Hier für dich, etwas sehr Persönliches von mir!“ Mit diesen Worten übergab ich ihm das Paket, bevor ich meinen Mantel auszog und an die Garderobe hängte.
    
    „Vielen Dank, Julia! Und vielen Dank für den Kunstbanausen, Ihr beiden. Ihr glaubt es wahrscheinlich nicht, aber ich hatte sehr gehofft, dass ich auch ein Bild von Julia zum Geburtstag bekomme. Ihr kennt doch den alten Kunstdruck über der Kommode im Esszimmer. Den hatte ich schon in meinem Kinderzimmer. Der kann dann endlich mal weg.“
    
    „Aber…, stockte Jan und Sarah widersprach: „Der Kunstbanause kam nicht wirklich von uns, wir dachten nur, dass ...!“
    
    „Ist schon okay“, sagte Daniel, „Vielleicht wärst du, Jan, aber nachher ...
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