Das Bild (1)
Datum: 24.12.2023,
Kategorien:
Schamsituation
... seinem neuen Bild gegangen.
Ich beobachtete, wie er eine Weile vor dem Bild stand und wartete bis er den Kopf in meine Richtung drehte. Dann fragte ich ihn: „Na, wie gefällt dir dein neues Bild!“
„Super, es ist eines der schönsten und persönlichsten Geschenke, die ich je bekommen habe! Vielen, vielen Dank, Julia!“
„Na, ja“, meinte Jan, „Man kann darauf eigentlich gar nichts erkennen!“
„Es ist nicht Mal irgendwie bunt, oder so“, sagte Sarah kritisch, „Ehr grau in grau!“
Zu ihrer Überraschung sagte Daniel: „Es ist ein Aktbild! Es zeigt eine sehr hübsche dunkelblonde Frau, die nackt, mit einem hochgezogenen Bein auf einem massiven Holztisch sitzt. Es ist ein Selbstbildnis der Künstlerin.“
„Ach, so!“ sagte Jan, als wurde Daniel uns auf den Arm nehmen wollen, „Ich sehe nur mehr dunkle als helle Grautöne.“
„Ihr seht das Bild, wie Daniel es sieht!““, erklärte ich, „Ich habe mir vor kurzem von ihm beschreiben lassen, was er mit seinen paar Prozent Sehkraft, noch erkennen kann. Danach habe ich dieses Bild gemalt. Ihr könnt nichts darauf erkennen, aber er hat seine anderen Sinne so geschärft, dass er sein neues Bild hören konnte!“
„Hören?“, fragte Jan ungläubig. Und auch Sarah schaute irgendwie sparsam.
„Julia, du hast eine Fernbedienung, stimmt´s?“, fragte Daniel.
„Ja“, antwortete ich, „Soll ich es einmal lauter abspielen?“
„Ja, ich bitte darum!“, meinte Daniel, „Sonst halten die beiden mich noch für übergeschnappt.“
Alle schwiegen jetzt ...
... erwartungsvoll und plötzlich hörte man laut und deutlich meine Stimme aus dem Rahmen des Bildes kommen:
„Aufrecht, mit einer gewissen Körperspannung stehe ich ungefähr drei Meter entfernt direkt vor einem raumhohen Wandspielgel. Ich möchte selbstbewusster wirken, als ich mich im Moment fühle. Irgendwie sagt mir mein Spiegelbild, dass mich das jedoch ein bisschen arrogant erscheinen lässt. Das will ich nicht. Ein offenes, wohlwollendes Lächeln von mir vermag es, den Anschein von Arroganz zu verwischen. Meine vollen sinnlichen Lippen, mit dem markantem Oberlippenbogen, habe ich durch das Auftragen eines dezent roten Lippenstifts betont.
Ich deute in Richtung Spiegel einen Kussmund an und fahre mit der Zungenspitze einmal die Unterseite der Oberlippe entlang. Ich stelle mir vor, dass es einer von den Spiegeln ist, durch den man von der anderen Seite durchsehen kann. Es könnte sein, dass gerade niemand in dem Raum dahinter ist. Aber vielleicht ist da auch jemand, der mich heimlich beobachtet. Wenn der Raum dahinter groß genug wäre, möglicherweise auch mehrere. Fremde, Freunde, Arbeitskollegen, mein Chef, mein Nachbar, mein Frisör, der Busfahrer? Ein verrückter Gedanke, aber irgendwie gefällt er mir.
Meine smaragdgrün leuchtenden Augen schauen einladend. Sie fordern auf, mich anzusehen. Mich begehren zu wollen. Die schmalen, geschwungenen Brauen rahmen meine pfirsichkerngroßen Augen mit den langen dunklen Wimpern. Für den Lidschatten habe ich ein perfekt passendes, metallisch ...