Über den Dächern von Paris Teil 01
Datum: 04.03.2024,
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Erstes Mal
... nun bereits am Schubart-Gymnasium sein Referendariat ablegte, pendelte er planlos zwischen Autoritär, Kumpel, Spaßvogel und sonstigen Charakteren hin und her. Auf der Suche nach sich selbst und seinem persönlichen Stil. Dementsprechend verwirrt waren die Klassen, die er mitbetreuen durfte. Oder sollte.
„Diese Bälger wittern Ihre Angst!", hatte Fräulein Knüpp....Frau Bausch damals zu ihm, vor ihrer ersten gemeinsamen Unterrichtsstunde, prophezeit. Er lachte verunsichert auf, als er das hörte. Nun, keine acht Wochen später, war er sich nicht mehr sicher, ob sie nicht vielleicht doch Recht hatte. Und ob er als Lehrer überhaupt tauge.
Von diesen Zweifeln, die so sehr an ihm nagten, gequält, verspürte er auch keine Freude bei dem Gedanken, eine ganze Woche mit diesen jungen Erwachsenen, eigentlich noch Teenagern, in einen Freizeitpark zu fahren. Und von morgens bis abends unter Ihnen zu sein. Er hatte tatsächlich Angst. Am liebsten wäre er zuhause geblieben. Doch Herr Zorn, der Direktor, ließ sich nicht von seiner Idee abbringen.
„Das wird Ihnen guttun, glauben Sie mir!", hatte er ihn angestrahlt. Tom war sich da nicht so sicher.
Mittlerweile goss es in Strömen. Vereinzelt hörte man aus den Busreihen Gemurre über das Unwetter. Der Wetterbericht versprach zwar Besserung, doch so richtig glaubte das gerade niemand.
„Jetzt zieh doch nicht so einen Flunsch, Tom!", hörte er plötzlich neben sich eine melodische Stimme und zuckte erschrocken zusammen. Ruckartig drehte er ...
... sich um und blickte in die graublauen Augen Miriams.
Unscharf registrierte er, wie Frau Bausch verdrießlich den Kopf schüttelte. Sie saß, wie Tom auch, ganz vorne im Bus. Lediglich auf der gegenüberliegenden Seite. Ganz offen ließ sie durchblicken, wie sie dazu stand, dass ihr Kollege der Klasse das „Du" angeboten hatte. Zum damaligen Zeitpunkt hielt er es für eine gute Idee. Und, wenn er ehrlich zu sich war, hielt er das auch immer noch für richtig.
„Ähm, was? Wie?", verwirrt schaute er die Schülerin an. Er war so sehr in seinen Gedanken vertieft gewesen, dass er nichts um sich herum registrierte.
„Du sollst nicht so ein Gesicht ziehen, als wärst du auf dem Weg zu einer Beerdigung! Das zieht einen ja total runter!", lachte Miriam ihn an.
Er lächelte verkrampft.
„Entschuldige", sagte er leise, „das war nicht meine Absicht!"
Miriam unternahm keine Anstalten sich wieder zu erheben. Im Gegenteil. Mit forschendem Blick schien es, als versuche sie seinen Kopf zu röntgen und seine Gedanken zu lesen.
Er mochte sie. Wie eigentlich alle Schülerinnen und Schüler mit denen er zu tun hatte. Aber natürlich kristallisierte sich auch hier heraus, dass Manche sympathischer als Andere waren. Und Miriam gehörte eindeutig dazu. Wäre er nicht da, wo er jetzt wäre, da war er sich ziemlich sicher, könnten sie Freunde werden. Aber so lehnte er jede Einladung von ihr und den anderen Schülern höflich ab. Ein kleinwenig Distanz wollte er schon noch bewahren. War er ja eh nicht der ...