1. Arno


    Datum: 09.11.2024, Kategorien: Schamsituation

    ... ihrem Hoheitsbereich erklärt. Ich erschrak etwas, schüttelte leicht den Kopf und sagte: „Ach, nichts.“ Sie kam etwas näher: „Du hast Ben einen richtigen Schrecken eingejagt mit Deinem Arno. Was hast Du überhaupt damit gemeint? Ben ist ganz verwirrt, sein Vater heißt nämlich so.“ Jetzt wurde ich neugierig: „Und Ben, heißt der etwa Ben Schütte?“ „Ja, aber woher weißt Du das schon wieder?“ „Ach Martha,“ lachte ich nur „ich kenne ihn von ein paar Unfällen.“ Sie schüttelte den Kopf und ging. Ben verabschiedete sich später etwas zurückhaltend von mir, die Augen voller Fragezeichen, sein Vater hatte ihm offensichtlich nie von mir erzählt.
    
    Er war ihm so ähnlich.
    
    Zwei Wochen später, die Ferien meiner Nichte gingen auf ihr Ende zu, und ich hatte mich an den netten Ben gewöhnt, klingelte das Telefon. „Hallo Helen.“ „Moment Ben, ich hole eben Martha.“ Auf der anderen Seite des Hörers war ein Lachen zu hören. „Klingen wir so ähnlich? Ich bin nicht Ben, ich bin Arno.“ „Arno? Mein Arno?“ Entfuhr es mir. Wieder hatte das Gehirn das Wettrennen mit dem Sprechwerkzeug verloren. „Wenn Du das so sehen willst, soll mir das recht sein:“
    
    „Ben hat von Dir erzählt und jetzt habe ich auch noch Deine Nummer an unserem Telefon gefunden, allerdings stand Martha auf dem Zettel.“ „Ja, das ist meine…“ weiter kam ich nicht, er unterbrach mich: „Helen, ich kenne die Geschichte. Die beiden haben sich kennengelernt, als sie ihre Großeltern besucht haben, sie sind ja immer noch Nachbarn, wie Dir sicher ...
    ... nicht entgangen ist.“ Er lachte über den eigenen Scherz. War das Verlegenheit?
    
    „Ja und jetzt gibt Ben sein ganzes Taschengeld für Zugfahrkarten nach Osnabrück aus.“ Er war im Vorteil gewesen, er hatte gewusst, dass er anrufen würde, für mich war es eine kalte Dusche gewesen. Nein, eigentlich nicht kalt, eher schön warm und erfrischend zugleich. Jetzt hatte ich meine Fassung wieder. „Arno, schön Dich zu hören; aber wenn wir jetzt einfach auflegen, dann ist es das erste Mal, dass wir aufeinandertreffen, ohne dass es einen Unfall gibt.“ Er lachte wieder.
    
    „Helen, so schön Dich zu hören. Du bist ja eine richtig humorvolle Frau geworden. Nein, wir können jetzt nicht auflegen, komm, gib Vollgas, der nächste Unfall wartet. Wir konnten doch schon immer die besten Katastrophen.“ Ich hatte so auf diese Antwort gehofft. Nicht genau auf diese, war er immer so witzig gewesen? „Helen, Ben sagt, Du siehst toll aus, pass bloß auf, er ist richtig in Dich verliebt.“ Was war das? Was sollte ich darauf sagen? „Und, Arno, und jetzt willst Du mich Deinem Sohn ausspannen?“ „Zumindest für einen Nachmittag.“ War die schnelle Antwort. „Wie ist es, morgen bei Leysiefer?“ Aha, der Herr mochte es jetzt vornehm. „Los, Helen, beharrte er, ich bin um 15 Uhr da. Ich warte auf Dich.“ Dann hängte er ein.
    
    Ich erkannte ihn sofort, immer noch schlank, die Haare waren weniger geworden und wahrscheinlich deshalb trug er sie ganz kurz. Seine Augen waren immer schön und tief gewesen. Die Nase kam mir markiger ...