1. Weeslower Chroniken VIII - 2007 - Inês - Kapitel 4 – Die Einladung


    Datum: 17.12.2024, Kategorien: Schamsituation

    ... Sylvia, laut genug, dass es alle mitbekommen mussten. Alle grinsten, sogar die Großmutter nickte ihr aufmunternd zu.
    
    So blieb Inês mit entblößten Brüsten am Tisch sitzen. Ihr Herz klopfte wild. Doch das Gespräch der anderen ging einfach weiter, als wäre nichts passiert, niemand verlor darüber ein weiteres Wort. Und so fühlte es sich nach einer Weile auch für Inês ganz natürlich an.
    
    Man kam auch alsbald auf das Thema FKK zu sprechen. Es ging zunächst um die Zukunft des Bades, in dem sich Inês und Niklas kennengelernt hatten. Alle kannten und nutzen es seit ewigen Jahren, und doch wusste jeder noch irgendwelche Neuigkeiten. Diesmal ging das Gespräch im wesentlichen an Inês vorbei, was sie als recht wohltuend empfand. So hatte sie ab und an Gelegenheit, möglichst unauffällig zu Niklas herüber zu schauen. Der saß schweigend und scheinbar abwesend vor seinem Teller, auf dem kaum etwas von der köstlichen Speise angerührt war. Einmal bemerkte sie seinen düsteren Blick hinüber zu Jesse. Ach so, dachte sie, er spürt den Nebenbuhler. Aber so sehr sie es auch versuchte, es gelang ihr nicht, seine Aufmerksamkeit auf sie zu lenken, es schien, als miede er jeden Blickkontakt mit ihr.
    
    Auch in Sylvias Familie waren allesamt überzeugte Nacktbader. Den Großeltern nahm Inês das ohne weiteres ab, von Niklas und Cäcilia wusste sie es ohnehin. Aber Stefan und Sylvia konnte sie sich nicht so recht am FKK-Strand vorstellen. So angenehm und zuvorkommend sie waren, die beiden hatten so etwas ...
    ... Bürgerliches, Konservatives, ja, Biederes an sich, dass das gar nicht zu ihnen passen wollte.
    
    Doch sie erinnerte sich an einige von Nadines Erzählungen. Hinter all den bürgerlichen Fassaden verbargen sich doch manche Geheimnisse...
    
    Auf ihre Nachfrage hin erfuhr sie auch etwas über die gemeinsame Geschichte der beiden Familien. – Oder, fragte sie sich, war es nicht doch eher eine einzige? – Dass York und Sylvia aus ihrer gemeinsamen Zeit in Wien zusammen ein Kind hatten, nämlich Jesse, das hatte sie sich schon zusammengereimt. York war vor elf Jahren nach Berlin an die damals ganz frische H:S gekommen, Sylvia – schon zusammen mit Stefan, Niklas und Cäcelia - vier Jahre später. Beide waren von Prof. Reichenbacher, der die Hochschule gegründet hatte, aus Wien angeworben worden. In jenem Jahr hatten sie dann Nadine kennen gelernt, damals noch ganz junge Studentin – „so wie Du heute“, ergänzte Nadine - und man hatte das „Projekt Weeslow“ begonnen. Nadine hatte nämlich die Vorhaben der H:S zum Ausbau des Hochschulsports geschickt nach Weeslow gelotst. Sylvia, der dortige Bürgermeister Dreyer und dessen Assistentin Lissy hätten damals maßgeblich die Infrastruktur-Fragen geklärt, Nadine mit großem Eifer die inhaltliche und personelle Gestaltung. Und so war dort ein großes Sportprogramm entstanden, das mittlerweile zu mehr als zwei Dritteln aus FKK-Angeboten bestand. Seit drei Jahren gab es nun auch den Weeslower Campus der H:S und ein Studenten-Wohnheim. Und mehr oder weniger ...
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