1. Freund oder Feind?


    Datum: 23.07.2019, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie,

    ... würde es schon reichen," sagte Sermo, "wenn der Sicherheitsmann im Flieger bleiben würde und mir ein bisschen Zeit gibt. Er könnte mich dort im Auge behalten."
    
    Doktor Krettol seufzte. Nun wusste sie wieder, warum sie lieber mit Männern zusammenarbeitete. Diese Frau vor ihr machte alles so kompliziert. Wieso konnte sie den Tod ihres Partners nicht einfach akzeptieren, still trauern, und abfliegen? Aber sie durfte nicht durch übertriebene Härte den Verdacht erwecken, dass sie irgendetwas zu verbergen hätten. Und was sollte die Frau dort schon finden?
    
    Sie nickte.
    
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    Einen Tag später bestieg Sermo auf dem Landeplatz des Raumhafens ein kleines Zweimann-Gefährt. Ihr Begleiter war ein kräftiger junger Mann. Er hatte eine hässliche Narbe quer über der linken Wange, und ein Auge war schief, was ihm ein gewalttätiges, ja martialisches, aber auch etwas dümmliches Aussehen gab. Er lächelte nicht, und begrüßte sie auch nicht. "Ich werde Sie begleiten. Auch in den kommenden Tagen," sagte er kurz angebunden.
    
    Sermo zog sich in das enge Gefährt. "Danke!" sagte sie schlicht.
    
    Der Flug verlief schweigend. Es ging über eine rot gleißende Kalkebene, die sie mit geringer Geschwindigkeit und in geringer Höhe überflogen. Hin und wieder sah sie Herden von hellgrauen Tieren, die bei ihrem Anblick flohen und dann plötzlich wie vom Erdboden verschluckt waren.
    
    Dann kamen sie zu einem riesigen Canyon. Narbengesicht kreiste einmal über ihm. Tief unten lagen dunkelbraune Schatten. Ein ...
    ... reißender Fluss schäumte dort zwischen gigantischen Felsblöcken. Er war gesäumt von dunkelblauem Bewuchs. Dieser zog sich auch an den Felswänden hoch, die von dort schroff und senkrecht hunderte von Metern aufstiegen.
    
    Narbengesicht schien nun eine bestimmte Stelle gefunden zu haben und steuerte auf sie zu. Auch dort waren diese seltsamen Tiere. Sermo konnte erkennen, dass sie irgendetwas auf dem Boden suchten. Sie flohen, als er in sicherer Entfernung zur Abbruchkante landete.
    
    "Wir sind da." sagte er. "Da vorne ist die Stelle, wo ihr Mann starb. Ich werde hier warten. Nehmen Sie sich alle Zeit, die Sie brauchen."
    
    Sermo kletterte heraus. Der trockene Boden war übersät mit kleinen grünblauen Scheibchen, offenbar die Hinterlassenschaften der Tiere, die vorhin geflohen waren.
    
    Sie stieg über den steinigen Boden bis zu der Stelle, auf die Narbengesicht gewiesen hatte. Der Stein war dort zu weißem Pulver zerfallen, Calciumoxid, Branntkalk, bestäubt mit einem schwarzem Flaum, den Resten organischer Verbindungen.
    
    Sie machte einen Bogen um diese Stelle und trat vor den Abgrund. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie Stefan das überlebt haben sollte. Wenn er nicht schon von den Flammen ausgelöscht worden war, einen Sprung in diese Tiefe... Nein, unmöglich. Mit einem mal spürte sie wieder diese Gleichgültigkeit, mit der sie auf die Nachricht von seinem Tod reagiert hatte. Er existierte nicht mehr. Und deshalb bedeutete er ihr nichts mehr. Sie musste nur noch ihre Rolle auf ...
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