Sajtschik / Wie man den Hasen fängt
Datum: 21.12.2019,
Kategorien:
Schwule
... nun wirklich eine Träne über die Wange, schnell wisch ich sie weg. Hat Ali es gesehen? Bloß keine Schwäche zeigen. Was soll ich mit dieser verpissten blöden Strohmatte. „Nee, die ist nicht von mir. Ich gebe auf. Das ist sinnlos. Ich bin einfach am Arsch. Meine Sachen sind weg", sag ich geknickt.
Blauäugig wie ich, hoppelt ein Hase über die Wiese und hinein ins hohe Gras. Als er den Wolf bemerkt ist es zu spät. Die Falle schnappt zu. Und der Wolf auch. Nu pogodi. Ich drehe mich also um und trete den frustrierenden Rückweg an.
„Sicher? Vielleicht sind die Sachen ganz nah?"
Traurig seufze ich: „Nee, das ist doch aussichtslos."
„Komm schon Joas, wir suchen noch weiter."
Ein Rehkitz steht vor dem Scheinwerferlicht und ich auf einer Strohmatte. Oder ist es ein Hase? Ganz langsam drehe ich mich um und sehe ihn erstmals... lächeln? Nein, eher funkeln und glimmen. Geschwungene Bienenstichlippen als neutraler Strich, aber die dunklen Augen glänzen.
„Wo ... Woher kennst du meinen Namen?"
Langsam umkreist der Wolf seine Beute. „Chab ich in deinem Ausweis gelesen."
Wieder laufen Schock und Schauer meinen Rücken entlang. Oder eher Galoppieren. Aber mit Euphorie hat es diesmal nichts zu tun. Scheiße. Wie konnte ich nur so dumm sein? Ali war von meinem plötzlichen Auftauchen total erschrocken, zumindest tat er so und dann wollte er mir auch noch helfen. Ich hatte den Gedanken verworfen, dass er der Dieb sein könnte. Oder, sagen wir gehofft? Gedacht hatte ich in der ...
... Situation nicht mehr viel. Oh Joas. Du Idiot. Ich bin ihm einfach ins Dickicht gefolgt. Mit ausgestreckten Armen direkt ins offene Messer. Mein Ausweis war in meinem Geldbeutel und das bedeutet er musste meine Sachen durchsucht haben. Ali hatte mich in den kleinen Wald gelockt und nun war ich genau da, wo er mich haben wollte. Warum Joas. Warum.
Ich versuche meine Stimme zu finden, sie hat sich tief in meiner Kehle versteckt, also krächze ich mit trockenem Mund: „Was willst du von mir?"
Schweigen. Ist nicht golden, sondern schwarz wie Alis Augen. Und bedrohlich. Noch mehr Kreise.
„Ich ...", aber mir versagt die Stimme. Kühn (verzweifelt) rechne ich mir meine Unmöglichkeiten aus. Soll ich versuchen wegzurennen? Barfuß auf dem steinigen Wurzelweg. Und er mit Schuhen. Keine Chance. Okay, dann muss ich eben Kämpfen! (Klar. Der war gut.) Ich mein, nicht falsch verstehen, ich bin nicht schwach, ja, sogar recht fit. Aber nun mal kein Gorilla. Und auch kein Wolf.
„Hey ... Was... Was soll das? Willst du Geld? Ich hab hier keins, aber wir können zum nächsten Bankomat und ich hebe alles ab. Okay? Ehrlich, ich will keinen Ärger. Bitte ..." Selbst ich kann die Verzweiflung in meiner Stimme hören. Erbärmlich. Wieder unendliches schweigen und kreisen und schließlich: „Hmm... ich brauch kein Geld."
Fuck. Fieberhaft überlege ich hin und her und komme nur zu meinem endgültigen Schluss. Wenn er kein Geld von mir will ... Dann? Meine Kehle schnürt noch enger und ich verharre in ...