Freunde
Datum: 30.12.2019,
Kategorien:
Romantisch
Das Klingeln der Haustüre schreckte mich aus meinem Frühabend-Schlummer. Mal wieder vor dem Fernseher eingeschlafen. Von dieser Netflix-Serie musste ich fast ein Drittel der Folgen noch einmal anfangen. Dabei war sie richtig gut. Ein Mysterium.
Wie diese junge Frau vor meiner Tür, die da so unvermutet in meinen gewohnten Feierabends-Verlauf eindrang. Unvermutet, aber keineswegs ungewohnt. Oder gar selten. Sie kaute mit schräggelegtem Kopf einen Kaugummi und deutete ein entschuldigendes Grinsen an. Valentina. Mit Kopfschütteln und einer übertriebenen Handbewegung lud ich sie zum Hereinkommen ein.
Es war also mal wieder soweit. Sie hatte sich mit Arne gestritten. Das war nichts Neues. Sie quartierte sich seit mehr als einem Jahr immer nach so einem Ereignis bei mir ein. Bei der zunehmenden Häufigkeit konnte sie langsam ihren zweiten Wohnsitz hier anmelden. Geeignete Schlussfolgerungen oder Konsequenzen daraus ziehen, konnte sie offenbar weiterhin nicht.
Ich kannte sie schon Ewigkeiten. Sie war meine beste Freundin. Die Schwester einer früheren Partnerin, Luisa. Mit der ich fast zehn Jahre zusammen gewesen war. In den ersten dreien davon hatten die beiden Schwestern noch zusammengewohnt, bevor ich dann mit Luisa zusammenzog.
Also verbrachte ich enorm viel Zeit dort, meist mehr als in meiner eigenen Wohnung, und freundete mich mit Val an, quasi als inoffizieller Schwägerin. Komischerweise verstand ich mich damals schon besser mit ihr, als mit ihrer Schwester. Wir ...
... klickten sofort, obwohl sie irgendwie das genaue Gegenteil von ihrer Schwester war.
Durch die Beziehung mit und Liebe für Luisa vor möglichen Begehrlichkeiten geschützt, tauschten wir uns intensiv und oft über Gott und die Welt aus, redeten tage- und nächtelang, waren geistiger Mülleimer, Stütze in wie auch immer gearteten Krisen, und, bei ihr deutlich häufiger als bei mir, Trennungen. Blieben Freunde, als meine Trennung von Luisa vollzogen war.
Niemand auf diesem Planeten kannte mich so gut wie sie. Wusste Dinge von mir, die niemand anderes wusste, auch vorherige Partnerinnen nicht. Hm, ihre Reisetasche war größer als sonst. Der Streit analog dazu auch? Wir setzten uns auf mein Sofa.
"Möchtest du ein Bier? Happen essen? Ich hab noch einen Rest Brokkoli-Auflauf im Kühlschrank."
"Bier ja, essen nein. Hab auf dem Weg hierher ein Döner gegessen."
Ich holte ihr das Bier aus der Küche. Meins war noch dreiviertel voll, eine Folge des Einschlummerns. Valentina hatte es sich auf dem Sofa bequem gemacht, die Schuhe ausgezogen und spielte mit einer Strähne ihres schwarzgefärbten Haars. Sie war ungefärbt brünett. Keine verweinten Augen, auch sonst wirkte sie ruhig und gefasst.
"Möchtest du darüber reden?", erkundigte ich mich, während wir an unseren Bieren nippten.
"Muss ich ja wohl. Das war's diesmal. Rien ne va plus. Aus. Vorbei. Ende."
Ich musste grinsen.
"Hm... das habe ich irgendwann schon mal gehört."
Jedes Mal, um genau zu sein.
"Nein, hast du nicht. ...