In der Heilanstalt
Datum: 07.01.2020,
Kategorien:
BDSM
Teil 1
Im Nachhinein kann ich nicht behaupten, das alles wäre sinnlos gewesen oder hätte mir gar geschadet. Ich bin heute ohne Zweifel ein anderer Mensch, ein gänzlich anderer. Vor allem mein Verhältnis zu mir selbst hat sich geändert. In der Folge dann auch mein Verhältnis zu den Themen Karriere, Geld, Familie usw. Deshalb wäre es unfair, von einem Verbrechen zu sprechen, das mir angetan wurde. Auch wenn es vielleicht aus verbrecherischen Motiven heraus geschehen ist, auch wenn die Drahtzieher, die ich bis heute nicht kenne, mit Sicherheit einen persönlichen Gewinn aus der Sache gezogen haben. Aber ich werde nicht vor Gericht gehen. Oft bin ich sogar geneigt festzustellen, dass mir nichts besseres hätte widerfahren können als diese merkwürdige Therapie.
Doch von vorn.
Ich war auf der Pole Position, ich startete ins Leben wie ein Rennwagen und überholte schnell, räumte alles beiseite, was mir nicht passte. Mit 32 war ich Vertriebschefin eines nicht unbekannten Maschinenbau-Konzerns, mit 35 war ich geschieden, mit 38 sonntags grundsätzlich volltrunken, mit 40 zog mein Hausarzt die Notbremse und mein Psychologe diagnostizierte Burnout und Depression. Nach einem halbherzigen Suizid-Versuch, den ich nur aufgrund des übermäßigen Alkoholkonsums überlebte (mein Magen rebellierte und pumpte sich sozusagen von selber aus), wurde ich in die geschlossene Abteilung eingeliefert, akute Gefahr der Selbstverletzung. Man sorgte sich um mich, ich lachte alle aus. Zu meiner Mutter ...
... hatte ich ohnehin ein schlechtes Verhältnis, meine fünfzehnjährige Tochter Anna lebte bei ihrem Vater und brachte mir Blumen vorbei, nur um mir gleich das Versprechen abzuringen, mich nicht zu töten. Natürlich war es ein Blödsinn, die Sache mit dem Selbstmord. Aber ich war so fertig mit der Welt, dass mir jedes Mittel recht war, sie abzuschalten. Die Geschlossene war die Hölle.
Doch dann kam dieser Arzt, dieser Psychiater, von dem ich erst dachte, er sei echt. Er war nicht echt, aber er holte mich dort raus, und ich glaube noch heute, dass es sein Ziel war, mir die echte Hölle zu zeigen. Er stellte sich kaum vor, erklärte aber, dass er alle Dokumente zusammen habe, um mich in eine Spezialklinik zu überweisen, in der Fälle wie ich deutlich besser aufgehoben seien, als in so einem "allgemeinen Irrenhaus". Natürlich war ich interessiert.
Dass der Krankentransport in einem schwarzen Cabrio stattfand, ließ mich nicht zwar stutzig werden, Benning (so hieß er) hatte jedoch für alles irgend eine verdammt plausibel klingende Erklärung parat. Auch die merkwürdige Tatsache, dass mich kein 10 Minuten nach dem Einsteigen in seinen Wagen eine derart bleierne Müdigkeit überfiel, dass ich einschlief und erst in der Tiefgarage des Zielorts wieder erwachte, allein, angeschnallt und aufrecht sitzend, empfand ich als ziemlich verdächtig - aber da war es ohnehin längst zu spät. Die Tiefgarage war leer. Ich saß im einzigen dort abgestellten Wagen und atmete Tiefgaragen-Luft. Ich hatte Hunger. ...