Der Fernfahrer 09
Datum: 22.03.2020,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
... bin. Aber das hatte auch irgendwo seinen Grund.
Wie das oft so ist, sollte nach einem Mädchen unbedingt ein Junge kommen. Daraus ist nun mal nichts geworden und Vater, da kannst du sehen, wie verkorkst er war, gab Simone dafür die Schuld, daß sie kein Junge geworden war. Nur so kann ich seine Reaktion einigermaßen erklären. Die ganzen Umstände haben wohl dazu geführt, daß Simone sehr viel früher selbständig geworden ist als ich.
Mir dagegen gelang es nicht, mich vollständig abzunabeln. Die ganzen Jahre vorher war ich nämlich immer "Papas Mädchen" gewesen. Er hat mich gegenüber Simone immer ein bißchen vorgezogen. Ich war so egoistisch, daß ich nicht verlieren wollte, was ich hatte, wollte trotz aller Tristesse, die nach Simones Auszug bei uns zu Hause eingekehrt war, nicht, daß es mir so erging, wie ihr. Daß das später alles anders kam, war damals nicht vorauszusehen.
Zunächst redete ich mir jedenfalls mehr und mehr ein, daß Vater irgendwo recht gehabt hatte. Seine harte Reaktion fand nicht so unbedingt meine Zustimmung, aber eine "Strafe" hatte ich schon für angebracht empfunden.
Wie dumm man doch sein kann
Nachdem Anke sich ihre Sorgen und Ängste um Simone von der Seele geredet hatte, trat eine lange, lange Pause ein, in der sie sich an mich schmiegte.
Ruhig lagen wir Minute um Minute da; keiner sagte ein Wort. Und trotzdem fühlte ich mich Anke verbunden, wie selten zuvor. Welch ein Kampf mußte sich all die Jahre in ihrem Inneren abgespielt ...
... haben.
Ich versuchte mich in ihre damalige und in ihre heutige Situation zu versetzen und erahnte, unter welch seelischem Druck Anke die ganze Zeit über gestanden haben mußte. Jetzt begriff ich auch ihr Verhalten während unserer gesamten bisherigen Ehe. Eigentlich kein Wunder, daß sie so verklemmt gewesen war.
Eine Welle der Zärtlichkeit überflutete mich und ich begann, meiner Anke liebevoll über die Haare zu streicheln und ihre Kopfhaut zu massieren. Ich wußte; das hatte sie gern.
Immer ruhiger und tiefer wurden Ankes Atemzüge; bis ich schließlich gewiß war, daß sie in meinen Armen eingeschlafen war.
Fehlanzeige: Als ich mit meinem Streicheln aufhörte, hob Anke ihren Kopf und sah mich mit strahlend verklärtem Blick an.
"Danke, danke," flüsterte sie ein ums andere Mal. "Du bist so lieb zu mir, so verständnisvoll. Und daß du mir keine Vorwürfe machst.. Ich liebe dich..... ohh, wie ich dich dafür liebe...."
"Ich dich doch auch."
"Ach," seufzte Anke, "wärst du es doch gewesen, damals, und nicht dieser blöde, egoistische Hammel..... Ich glaube, dann wäre alles ganz anders geworden."
"Na, das weiß ich nicht," gab ich unumwunden zu, "ich bin ja schließlich auch nicht vollkommen auf die Welt gekommen und in dem Alter hatte ich so große Erfahrung auch noch nicht. Das kam auch erst später."
"Ist ja auch egal," meinte Anke, "meine Unschuld kann ich dir ja doch nicht mehr geben."
"Kann ich nicht....?" sinnierte sie im selben Atemzug.
"Hääh, was meinst du?" war ich ...