1. Der Preis der Freiheit


    Datum: 21.05.2020, Kategorien: Hausfrauen

    Was für eine Schande! Bald würde ich dieses Podest besteigen müssen, öffentlich entkleidet und meistbietend versteigert werden. Wobei überhaupt nicht klar ist, dass ich als Bettsklavin versteigert werden könnte. Hiram, der Geldverleiher und Beutelabschneider, hofft natürlich, dass ich als Beischläferin verkauft werde und er seinen Gewinn machen würde. Aber die Chancen dazu waren minimal.
    
    Unser König von Tyros, Pygmalion, ist berühmt dafür, dass er sich in die Perfektion einer Statue verliebt. Ich kann gegen eine Statue keine Konkurrenz machen, denn ich kenne mein Alter und meinen Zustand als gebrauchtes Handelsgut. Es sind auch keine Treffen mit anderen Königen, wie zum Beispiel Sidon oder Ugarit geplant. Ben-Hadad III von Damaskus hat bestimmt auch anderes zu tun, nach dem der Großkönig von Assur, Ada-Nirari, Damaskus viel Tribut abgenommen hatte. Es gibt Gerüchte, dass der Assyrer seinen Rachen noch nicht voll hatte und auch von den großen Handelsstädten am großen Meer Abgaben fordern würde, auch Joahas von Samaria legte Gold für Tributforderungen zurück. Die Schwester unseres Königs, Elissa Dido, war schon auf dem Weg nach Nordafrika, wohin sie vor ihrem Bruder geflohen war, es ging wohl auch um Gold und das Erbe. Das Gold lag nirgends locker in diesen Tagen, außer in Assyrien. Aber Assur war weit weg.
    
    Dabei hätte alles so schön sein können, wenn ich nicht so gierig gewesen wäre. Da war mein Ehemann, Kadmos. Er war nun kein großer Fisch im Teich der ...
    ... Händlerkapitäne, den Handelshausleiter hier in Tyros. Ein wenig Luxus, ein wenig Annehmlichkeiten, das alles hätte mein sein können, zu der Liebe meines Mannes hinaus. Unsere Familien hatten diese Ehe schon seit Jahren eingefädelt. Nie wäre es mir eingefallen den Eltern zu widersprechen, das war einfach undenkbar. Und der Kadmos war bestimmt kein hässlicher Mann, nein, mit seinem schwarzen und weichen Bart, seinen starken Armen, seinen Bauchmuskeln und den ach so tiefschwarzen Augen.
    
    Die Hochzeit wurde, wie üblich, getrennt nach Männern und Frauen gefeiert. Meine Freundinnen hatten einen Schleier aus feiner Wolle gefertigt und mir, unter viel Gelächter, umgelegt. Danach sangen wir die uralten Lieder über den einen, der uns aus unserem Mädchenträumen erwecken würde und uns zur Frau machen. Der Wein floss auch bei uns Frauen und wir waren am Ende der Feier mehr als nur angeheitert. Für die schnellen Tänze hatte keine das notwendige Gleichgewichtsgefühl mehr und die Musik wurde leiser und langsamer.
    
    Wir alle waren lustig und so reagierte ich auf die Nachricht, dass Kadmos mich erwarten würde, mit einem Lachen. Sein bester Freund war der Bote. Als ich endlich verstand was das für mich bedeutete, schlug ich den Schleier tiefer in mein Gesicht hinunter und stand auf. Mein Gang war unsicher, was nicht nur dem Wein geschuldet war. Ich biss mir etwas auf die Lippen als ich auf meinen Ehemann zuging. Er würde mich bei der Hand nehmen, dreimal sagen: „Meine Ehefrau!" und wir waren verheiratet. ...
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