1. Silberhochzeit


    Datum: 06.07.2020, Kategorien: Romantisch

    ... Enrico höflich.
    
    Mutter sah mich an, dann musterte sie Enrico von oben bis unten.
    
    In dem Moment erschien der Typ, den meine Mutter mitgebracht hatte.
    
    Vollständig angekleidet, war er im Begriff zu gehen.
    
    "Ey, was ist mit der Kohle?", keifte sie den ungepflegt aussehenden Kerl an. Dieser steckte ihr ein paar Scheine in den Ausschnitt und drängte sich durch die Wohnungstür.
    
    Ein übler Schweißgeruch blieb im Korridor zurück.
    
    "Was hast du getan Mama?", die Frage konnte ich mir nicht verkneifen.
    
    "Was geht es dich an was ich mache? Geh raus zu deinem Macker. Und lass dir bloß kein Balg andrehen du Schlampe!", schrie sie mich an.
    
    Zum ersten mal platzte mir der Kragen: "Hast du überhaupt keinen Anstand mehr Mutter? Dein Verhalten ist asozial. Ich schäme mich für dich und das schon seit langem."
    
    Mutter drehte daraufhin erst richtig auf: "Du Miststück, hätte es dich nicht gegeben, würde ich jetzt nicht so dastehen. Hab mich abgerackert für dich und das ist nun der Dank? Geh mir aus den Augen du Scheißbalg!"
    
    Unter weiteren unaussprechlichen. Beschimpfungen, schlug sie heftig auf mich ein.
    
    Als Enrico dazwischenging, beleidigte sie ihn, schreiend und keifend, aufs Übelste. Doch er löste unbeeindruckt ihre Finger aus meinem Haar und zog mich von ihr fort.
    
    "Verschwinde und lass dich nie wieder blicken! Verfluchtes Dreckstück", schrie sie noch, als sie die Tür hinter uns zuknallte und ich auf dem Fußabtreter zusammenbrach.
    
    Enrico hob mich auf seine Arme ...
    ... und verließ mit mir das Haus.
    
    Ich war dermaßen geschockt, dass ich nicht einmal weinen konnte.
    
    Ich zitterte wie Espenlaub, als Enrico mich abstellte.
    
    Fest zog er mich in seine Arme. Er war von dem Erlebten selbst zu erschüttert um Worte zu finden.
    
    So hielt er mich nur, schüttelte hin und wieder den Kopf und küsste mein Haar. Irgendwann hörte ich seine leise Stimme:
    
    "Es ist alles gut. Alles wird gut Lena, glaube mir. Alles wird gut ... das verspreche ich dir."
    
    Wir standen noch eine ganze Weile so da, bis Enrico mich schließlich ganz langsam zum Gehen bewegte.
    
    Doch nach wenigen Metern brach ich in hemmungsloses Schluchzen aus.
    
    Ich ließ mich einfach fallen, doch Enrico reagierte schnell, fing mich auf und trug mich zu einer Bank, die nur wenige Schritte entfernt an einer Bushaltestelle stand.
    
    Er setzte sich neben mich und hielt mich erneut in seinen Armen.
    
    Sein sanftes Streicheln und die leisen Worte beruhigten mich allmählich. Ich klammerte mich an ihn, wie ein kleines Kind, welches den Trost eines Elternteils benötigt.
    
    So eng umschlungen fand uns Lisa, die auf dem Weg zum Restaurant war um bei der Aufräumaktion zu helfen.
    
    Lauthals fluchend beschimpfte sie Enrico.
    
    Dieser schrie zurück, dass sie Christian holen solle.
    
    Erst da beendete sie ihre Schimpftirade und kam näher.
    
    Sie erkannte, dass ich es war, die in seinen Armen lag.
    
    Ich hörte das Klappern ihrer Absätze als sie losrannte.
    
    All dem Geschehen konnte ich keine Bedeutung ...
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