1. Silberhochzeit


    Datum: 06.07.2020, Kategorien: Romantisch

    ... traute ich mich nicht heran. Erstens weil er vier Jahre älter war als ich und zweitens, naja, ich rechnete mir keinerlei Chancen aus, bei diesem Traumtypen landen zu können.
    
    Obwohl ich, wie so viele Mädchen zu der Zeit, schon lange heimlich von ihm träumte.
    
    Eines Tages aber, unsere Clique hatte sich am See getroffen, setzte er sich zu mir.
    
    Meine Mutter trank, seit mein Vater uns drei Jahre zuvor verließ und ich hatte wieder ein Mordstheater zuhause gehabt. Sie beschimpfte mich als faules Miststück und warf mir vor, sie bestohlen zu haben.
    
    Nie reichte das Geld, weil sie alles in Hochprozentiges umwandelte, und nun drohte uns der Rauswurf aus unserer Wohnung, weil sie seit einiger Zeit die Miete nicht gezahlt hatte.
    
    Meine mageren Ersparnisse hätten nicht ausgereicht um die Schulden zu begleichen.
    
    Ich hatte ein Jahr vordem die Schule sausen lassen und eine Ausbildung als Arzthelferin begonnen.
    
    Ein Studium wäre mir sowieso unmöglich gewesen, also wozu weiterbüffeln bis zum Abi?
    
    Zwei Drittel meiner Ausbildungsvergütung steuerte ich dem Haushalt bei, vom kläglichen Rest kleidete ich mich ein und wenn hin und wieder etwas übrig blieb, sparte ich es.
    
    Meine Sorgen waren mir furchtbar peinlich und deshalb redete ich nicht darüber.
    
    Nicht einmal mit Lisa.
    
    Niemand sollte es erfahren.
    
    Aber nun war ein Punkt erreicht, an dem ich nicht weiter wusste.
    
    "Du siehst traurig aus", stellte Christian fest, ohne mich anzusehen.
    
    "Weißt du, ich habe die ...
    ... Erfahrung gemacht, dass es immer besser ist darüber zu reden, als hilflos und allein nach einer Lösung zu suchen."
    
    "Woher willst du wissen, ob ich traurig bin und ob ich auf der Suche nach irgendwelchen Lösungen bin?", blaffte ich ihn an, in der Hoffnung ihn loszuwerden.
    
    Aber er blieb sitzen.
    
    Wir schwiegen eine Weile.
    
    Hin und wieder blickte er mir von der Seite her ins Gesicht. Ich sah stur geradeaus, über den See hinaus.
    
    "Ich mag dich. Du hast so ein wunderschönes Lächeln und bist sehr hübsch. Naja, jedenfalls hast du sonst immer so schön gelächelt. Jedesmal wenn du es tatest, hatte ich das Gefühl die Sonne gehe auf."
    
    Erstaunt sah ich ihn an.
    
    Unsere Blicke trafen sich und ich erkannte zum ersten mal, dass er tiefblaue Augen hatte. Diese Augen fesselten mich, ich konnte eine ganze Weile nicht fortschauen.
    
    "Außerdem bist du keines von den dummen Gänsen, die pausenlos über irgendeinen Scheiß kichern. Und du bist sehr zurückhaltend, was die Annäherungsversuche dieser "Möchtegern-Gentlemen" betrifft. Außer mit Holger, habe ich dich nie mit irgendeinem Typen zusammen gesehen."
    
    Ich lachte zynisch auf, als er Holger erwähnte.
    
    "War wohl am Ende doch nicht der Kerl, den du dir erträumt hattest?"
    
    Ich schüttelte den Kopf.
    
    Wissend nickte er.
    
    "Weißt du, vor einiger Zeit habe ich die Mädchen gewechselt, wie meine Klamotten. Es war ein tolles Gefühl von so vielen Mädchen begehrt zu werden.
    
    Wer hätte diesen Umstand in meinem Alter nicht ausgenutzt?
    
    Doch ...
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