Meine große Liebe
Datum: 08.07.2020,
Kategorien:
Schwule
... ich auf den Zettel. „Wünsch dir alles Gute. Gruß, Raf."
Nein, „Gruß" klang Scheiße. Viel zu unpersönlich. Ich zerriss den Zettel. „Herzliche Grüße"? Noch schlimmer. Was schreibt man einem Jungen, mit dem man anderthalb Jahre zusammengewohnt hat, den man liebt, der das aber nicht weiß, und den man ... ach ...
„War schön mit dir. Alles Gute für dich", schrieb ich auf einen neuen Zettel. Und nach kurzem Zögern fügte ich hinzu: „Dein Raf."
Das Hotel war eine Ferienanlage mit großer Terrasse, nur zweihundert Meter vom Strand entfernt. Ich bewohnte eine Kammer unter dem Dach und hatte die ersten Tage nach der Arbeit nur geschlafen, so erschöpft war ich. Ich hatte im Wechsel Früh- und Spätschicht. In meiner Freizeit ging ich meist zum Strand, an eine abgelegene Stelle, an der nicht so viele Gäste waren, und las oder blickte aufs Meer hinaus.
Es war an einem Abend Mitte September, in der Nachsaison. Mein Aufenthalt näherte sich dem Ende und ich bediente gerade an einem Tisch, als mich ein Gast von hinten ansprach.
„Monsieur?"
„Oui?" Ich drehte mich um. Nein! Ich wollte meinen Augen nicht trauen. Levi! Wie kam der hierher? Dann sah ich Tom, der mir gleich zuwinkte. Levi schien mit einer ganzen Gruppe von Freunden hier zu sein. Die anderen musterten mich interessiert. Sprachlos starrte ich Levi an, das Herz schlug mir bis zum Hals. Er wirkte genauso verdattert.
„Raf? Was machst du denn hier?" Er stand auf und wir umarmten uns befangen.
„Arbeiten", sagte ich. ...
... „Mein Ferienjob."
„Du sprichst perfekt Französisch!"
„Ich hab hier Verwandte."
Aus der Küche rief jemand und ich hatte gerade eine Bestellung aufgenommen. Ich hatte keine Zeit für ein Gespräch, aber ab neun war ich frei. Wir verabredeten uns am Strand.
Den restlichen Abend musste ich mich zusammenreißen, damit ich die Tische nicht verwechselte und die Bestellungen richtig zuordnete. Ich konnte nur an Levi denken. Wie er gestrahlt hatte, als er mich gesehen hatte. Wie er sich verlegen mit einer ungeduldigen Bewegung die Haare aus der Stirn geschoben hatte. Wie seine Schulter sich dabei unter dem T-Shirt bewegt hatte und wie ... ach was, nachher würde ich ihn sehen. Nur - wie sollte ich es bis dahin aushalten?
Ich musste dann zu allem Überfluss auch noch in der Küche aufräumen helfen. Mit zwanzig Minuten Verspätung rannte ich zum Strand. Es war schon dunkel. Bestimmt war Levi schon gegangen! Mein Gott, so ein Pech, ausgerechnet heute ... nein, Levi saß noch da. Er schien in Gedanken versunken, doch als er mich hörte, hob den Kopf. Atemlos ließ ich mich neben ihn fallen. Er strahlte mich an.
„Sorry, Mann", sagte ich, „ich musste noch aufräumen helfen. Danke, dass du gewartet hast."
„Toll, dass du gekommen bist."
„Kleine Erfrischung?"
Wir ließen T-Shirts und Shorts fallen und rannten ins Wasser, tauchten mit einem Hechtsprung ein, schwammen ein Stück hinaus, sahen uns an und grinsten. Wir alberten eine Weile herum, dann schwammen wir wieder ans Ufer, ...