1. Ein jegliches hat seine Zeit


    Datum: 02.09.2020, Kategorien: Erstes Mal

    ... und die Verzweiflung in ihrer Stimme waren nicht zu überhören.
    
    Kampmeyer hatte mit allem gerechnet, nur nicht mit dieser Bitte. "Sie meinen, wir beide sollen ge-meinsam im Bett liegen und ich soll sie in den Armen halten, bis sie eingeschlafen sind", fragte er, um sich zu vergewissern, dass er sie richtig verstanden hatte.
    
    Sie nickte. Für einen Moment schloss Kampmeyer die Augen. Er hasste solche Situationen, in denen er sich nur für oder gegen etwas entscheiden konnte und es keinen Kompromiss gab. Aber instinktiv wusste er, dass er sich bereits entschieden hatte. Er hatte sie bei sich aufgenommen und es war nun einmal seine moralische Pflicht, dass die junge Frau, die wie ein Häufchen Elend neben ihm saß, eini-germaßen gut durch die Nacht kam.
    
    "Also gut, einverstanden", sagte er. "Aber dann schlafen wir oben im Bett. Das Sofa hier ist das reinste Gift für meinen Rücken. Sie können schon einmal nach oben gehen. Zweite Tür rechts. Ich muss noch einmal kurz ins Bad und bin gleich bei ihnen."
    
    "Danke, vielen, vielen Dank" sagte sie leise und ging dann die schmale Treppe hoch, die vom Wohn-zimmer zu den oberen Räumen führte.
    
    Sie hatte sich auf die unbenutzte Seite des großen französischen Doppelbettes gelegt, der Seite auf der Sandra, seine Frau immer gelegen hatte. Seit Sandras Tod hatte hier kein Mensch mehr gelegen. Wie fremd und doch so vertraut, dachte er, als er das Schlafzimmer betrat und sie liegen sah. Sie lag auf der Seite, mit dem Gesicht zum Fenster ...
    ... und dem Rücken zur Tür. Er hörte sie leise weinen. Für einen Moment zögerte er, bevor er sich auf den Rand des Bettes setzte, um die Hausschuhe abzustreifen. Noch konnte er alles wieder rückgängig machen. Aber nein, diese Grausamkeit konnte er ihr nicht antun.
    
    Er schlüpfte unter die Bettdecke und robbte zu ihr. Mit der rechten Hand berührte er leicht ihre Hüfte, war aber zugleich darauf bedacht, einen gewissen Abstand zu ihrem Körper einzuhalten. "Ist es gut so?", fragte er leise. "Bitte halten Sie mich richtig fest, dass ich sie spüren kann", entgegnete sie. Kampmeyer rückte so nahe an sie heran, dass er die Wärme ihres Körpers durch den dünnen Stoff des Schlafanzuges spüren konnte.
    
    Er hörte, wie sie leise schluchzte. Was mag sie so tief verletzt haben, fragte er sich. Mitleid stieg in ihm auf und er hätte ihr gerne geholfen, aber er wusste nicht wie. Er nahm sich vor, so lange bei ihr zu bleiben, bis sie eingeschlafen war und sich dann nach unten ins Wohnzimmer zu verziehen. "Versuchen Sie, zu schlafen", sagte er. Statt einer Antwort nickte sie und legte sich etwas bequemer hin, so dass nun sein Geschlecht genau zwischen ihren beiden Pobacken lag. Schweigend lagen sie beieinander.
    
    Kampmeyer schaute auf den Radiowecker, der auf dem Nachttisch stand. Es war vier Uhr. Vor zwei Stunden hatte er hier gelegen und überlegt, was er machen sollte. Und nun lag er mit einer ihm völlig unbekannten jungen Frau im Bett, hielt sie in seinen Armen, weil sie sonst zusammenbrechen ...
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