1. Argonauta Kapitel 12-22


    Datum: 15.10.2020, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... wichtige Kinderstube. Hier konnten die Jungfische vergleichsweise gefahrlos aus ihren Eiern schlüpfen und gut vor Fressfeinden geschützt ihre ersten Lebenswochen verbringen.
    
    Nicht nur unter, auch über dem Wasser herrschte das blühende Leben. Die lichten Kronen der Mangroven waren ideale Nistplätze für viele Vögel. Genau deshalb waren Melina, Julia und Florian hier her gekommen.
    
    „Schaut mal, dort drüben", sagte Melina und deutete auf einen dunklen Punkt im strahlend blauen Azur. Florian und Julia hielten sich ihre Ferngläser, die ihnen mit dünnen Lederriemen um die Hälse baumelten, vor die Augen und blickten neugierig hindurch. Das kleine Ruderboot, in dem die drei jungen Forschenden saßen, schaukelte ausgelöst durch ihre Bewegungen sanft hin und her, auf und ab, sodass Julia Mühe hatte, die schemenhafte Silhouette am Himmel im Fokus zu behalten.
    
    Aus der Ferne hatte sie den Vogel mit seinen zugespitzten Flügeln und den leicht nach unten gerichteten Handschwingen für eine sehr große Möwe gehalten. Als sie nun durch die Okulare ihres Fernglases blickte, wusste sie, dass sie sich geirrt hatte. Die dunkelbraune, fast schwarze Rückenfarbe, der dazu im Kontrast stehende weiße Bauch, ein dunkler Augenstreif und stechend gelbe Augen ließen keinen Zweifel daran, es war ein Fischadler.
    
    „Wow", sagte Florian ganz fasziniert, „so einen habe ich schon einmal gesehen, als ich vor ein paar Jahren für ein Naturmagazin eine Fotoreportage über die See- und Fischadler an der ...
    ... Müritz gemacht habe." Er tauschte sein Fernglas gegen seine Fotokamera und versuchte, ein möglichst gutes und scharfes Foto von dem Fischadler zu machen, was angesichts der Tatsache, dass das Boot ständig bei jeder kleinen Welle wackelte, ziemlich schwierig war.
    
    Scheinbar mühelos schien der Vogel in zehn, vielleicht auch fünfzehn Metern Höhe über dem Wasserspiegel in der Luft zu stehen, seinen Blick dabei auf ein unsichtbares Ziel unter Wasser gerichtet. Plötzlich legte der Fischadler seine Flügel an und stürzte in die Tiefe. Dicht über der Wasseroberfläche streckte er seine Fänge nach vorne. Seine riesigen, sichelförmigen Krallen blitzten auf. Dann tauchte er ins Wasser ein. Julia hörte förmlich die Explosion, als der Adler den Wasserspiegel durchbrach und eintauchte. Wasserfontänen spritzten in die Luft, zeugten von der Wucht des Aufpralls. Der Vogel verschwand förmlich hinter einer Wand aus Wasser. Sekunden verstrichen, dann tauchte der Adler wieder auf. Mit kräftigen Flügelschlägen erhob er sich in die Luft. In den Klauen hielt er einen riesigen Fisch, der kräftig zappelte. Es erschien den Beobachtern fast so als könnte der Fisch zu groß für ihn sein, denn der Adler hatte sichtlich Mühe, als er sich in die Höhe schraubte. Geschickt drehte der Fischadler seine Beute in seinen Fängen mit dem Kopf voran, um somit besser manövrieren zu können. Mit seiner Beute in den Fängen drehte der Vogel eine Runde und schüttelte sich dann sein Gefieder. Tausende kleiner Wassertröpfchen ...
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