Argonauta Kapitel 12-22
Datum: 15.10.2020,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
... glitzerten in der Sonne. Dann verschwand der Fischadler mitsamt seiner Beute im Geäst der dichtstehenden Mangrovenbäume. Der ganze Angriff hatte nur wenige Sekunden gedauert, Julia kam es aber wie ein Augenblick der Ewigkeit vor. Der ehrfurchtsvolle Moment hatte sich auf ewig in ihr Gedächtnis eingebrannt.
Melina zückte ein Notizbuch und schrieb gewissenhaft ihre Sichtung darin hinein. Sie verstaute es anschließend wieder in einem Klarsichtbeutel und steckte es in ihren Rucksack, damit das wertvolle Heftchen bestmöglich vor Wasser geschützt war.
„Was für ein toller Augenblick", sagte Julia ganz begeistert.
„Ja, danke, dass du uns mitgenommen hast", pflichtete Florian der rothaarigen Biologin bei.
„Und ich danke euch, dass ihr mir so bereitwillig helfen wollt", sagte Melina. Schmunzelnd fügte sie hinzu: „So paradiesisch wird es aber nicht bleiben. Der richtige Scheißjob kommt erst noch."
Gerade war Flut. Die Gezeitenströmung hatte die Wassermassen dicht ans Ufer geschoben und den Mangrovenwald geflutet. Das Wurzelwerk war unter der im Licht reflektierenden Wasseroberfläche verborgen, nur spezialisierte Luftwurzeln ragten wie riesige Schnorchel schnurgerade aus dem Wasser heraus.
So dicht wie nur möglich ruderte das Trio mit seinem kleinen Boot an das Ufer heran, bis sie nicht mehr weiter kamen und im dichten Geflecht der spinnenbeinartigen Stelzwurzeln stecken blieben.
„Von hier aus müssen wir uns zu Fuß weiter kämpfen", sagte Melina. Die junge ...
... Biologin zog eine alte Blechkiste unter ihrem Sitz hervor und öffnete sie. Sie holte drei Paar Gummistiefel hervor, die beinahe nagelneu aussahen und warf ihren beiden Begleitern je ein Paar davon zu. Julia wusste, dass Melina die Stiefel vor ihrer Abreise noch extra desinfiziert hatte. So konnte man das Risiko verringern, dass die Naturforscher bei ihrer Arbeit unbeabsichtigt fremde Keime in das empfindliche Gleichgewicht des Ökosystems eintrugen, die das über viele Jahrtausende hinweg gewachsene Geflecht der Lebensbeziehungen auf der Insel mit unabsehbaren Folgen für alle durcheinanderbringen konnten. Sie erinnerte sich daran, dass unbeabsichtigt eingeschleppte Krankheiten nur allzu leicht eine Tierart an den Rand der Ausrottung treiben konnten. In Mitteleuropa hatte die Krebspest den einheimischen Fluss- oder Edelkrebs fast vollständig ausgerottet und seit einigen Jahren wütete eine gefährliche Hautpilzerkrankung durch die europäischen Bestände des Feuersalamanders. In den Niederlanden hatte der „Salamanderfresser", wie der Pilz nicht zu Unrecht genannt wurde, nahezu den kompletten Bestand vernichtet und auch in Deutschland waren in der Eifel und im Ruhrgebiet schon einige Populationen vollständig von der Krankheit vernichtet worden. Da war es wirklich besser, auf Nummer Sicher zu gehen. Julia schlüpfte in ihr Paar Gummistiefel, welches ihr eigentlich eine Nummer zu groß war. Aber es würde schon gehen. Besser als zu klein war es allemal und umtauschen ging in der Natur eben ...