1. Argonauta Kapitel 12-22


    Datum: 15.10.2020, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... steckte ihn ins Schloss, drehte und stellte fest, dass es der falsche Schlüssel war. So viel also zur Wahrscheinlichkeitsrechnung.
    
    Er versuchte einen anderen Schlüssel. Auch er passte nicht. Dann einen dritten, einen vierten. Sie alle passten nicht und Singer bekam es mit der Angst zu tun. Nicht jetzt, so kurz vor dem Ziel.
    
    Seine Finger zitterten. Er hatte sich überanstrengt und er fror. Dennoch konnte er jetzt nicht aufgeben. Er versuchte es unermüdlich weiter. Schlüssel um Schlüssel, kein einziger passte.
    
    Singer zwang sich zur Ruhe. Vielleicht musste er anders vorgehen. Wenn er die Schlüssel, die er schon probiert hatte, vom Schlüsselring löste, bestand nicht mehr die Gefahr, einen Schlüssel unnötigerweise zwei Mal zu probieren. Ja, so könnte es gehen.
    
    Er probierte einen Schlüssel. Er passte natürlich nicht. Mit klammen Fingern zog er den Schlüssel vom Ring und ließ ihn klimpernd zu Boden fallen. Dann versuchte er den nächsten Schlüssel. Auch er passte nicht.
    
    Minutenlang wurde der Schlüsselberg auf dem Boden größer und größer, während die Zahl der noch verbliebenen Schlüssel merklich abnahm.
    
    Es verblieben noch drei Schlüssel. Nur noch drei Versuche.
    
    Er nahm einen der Schlüssel, führte den Bart vorsichtig ins Schloss, drehte und ...
    
    Es klappte! Der Schlüssel ließ sich drehen und Singer konnte hören, wie die Stifte klackerten und alle in die richtige Position gedrückt wurden. Singer drückte auf die Klinke und die Tür schwang auf.
    
    Frische Luft ...
    ... umfing ihn. Erleichtert atmete er auf. Er hatte es wirklich geschafft!
    
    Lydia, Lucie, meine Lieben, ich komme!
    
    Die Sonne war inzwischen untergegangen, denn als Donald Singer nach draußen stolperte umfing ihn kein grelles Tageslicht. Die Temperatur war angenehm. Wärmer als im modrigen Kellerverließ, aber nicht heiß.
    
    Beschwingt folgte Singer einem schmalen, ausgetretenen Pfad.
    
    Dann traf ihn die harte Erkenntnis wie ein Vorschlaghammer und er blieb stehen. Er drehte sich um die eigene Achse und schaute sich um.
    
    Wohin er auch blickte, überall sah er das gleiche Bild. Fahles Mondlicht, das ein verspieltes Glitzern auf die sich kräuselnde Wasserfläche warf. Rings um ihn herum Wasser. Nichts als Wasser. Aus der Ferne vernahm er das tiefe Tuten eines Nebelhorns und das Krachen der Verladekräne des Hafens. Es bestand kein Zweifel.
    
    Natürlich, blitzte die Erkenntnis auf.
    
    Die Briten hatten entlang der gesamten Ostküste auf zahlreichen Inseln Gefängnisse errichtet, die weit genug vom Festland entfernt waren, dass es unmöglich war, von ihnen ohne ein Boot zu entkommen. Manche von ihnen waren inzwischen beliebte Ausflugsziele. Andere waren zu klein, um für den Massentourismus tauglich zu sein.
    
    Übelkeit stieg in ihm hoch. Er taumelte und ließ sich dann ins Gras fallen. Er war auf einer gottverdammten Insel. Ein Gefangener von Alcatraz. Und es gab keine Möglichkeit zur Flucht.
    
    Kapitel 18: Nachtgespräche
    
    Es war mitten in der Nacht, als Florian in seiner Kajüte ...
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