Argonauta Kapitel 12-22
Datum: 15.10.2020,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
... dass die Stimmen, die Geister und auch seine Retterin nicht wirklich existierten. Sie waren Produkte seiner Fantasie, nichts weiter. Es war nicht das erste Mal, dass seine Panikattacken ihn hatten halluzinieren lassen. So bedrückend und beklemmend waren sie bislang aber noch nie gewesen. Vor allem hatten sie sich vorher noch nie so real angefühlt. Wurde er allmählich verrückt?
Florian stand langsam auf und es kostete ihn alle Kraft, die er hatte. Auf wackeligen Beinen ging er ein paar Schritte in seiner Kabine auf und ab, um seinen Kreislauf wieder in Schwung zu bringen.
Er hatte sich heute zu viel zugemutet, das wusste er. Es war töricht von ihm gewesen, seine Kräfte so maßlos zu überschätzen. Auf Bäume klettern - was um alles in der Welt hatte er sich dabei nur gedacht? Sicher, er hatte sich beweisen wollen, dass er alles tun konnte, wenn er nur wollte. Aber das war eine Selbstlüge. Er konnte das alles nicht. Nicht mehr. Nicht seit jenem Tag, der alles verändert hatte. Der Tag der ihn für den Rest seines Lebens gezeichnet hatte und an dem er eine unmenschliche Schuld auf sich genommen hatte.
Dann fragte er sich, warum ihm in seiner Halluzination ausgerechnet Julia als seine Retterin erschienen war. Was fand er nur an ihr? Sie war eine eingebildete Zicke. Neunmalklug, streitbar und angriffslustig. Seit er an Bord derArgo war, hatte sie ihn jede Sekunde spüren lassen, dass er nicht erwünscht war. Sicher, sie hatten eine Art Waffenstillstand geschlossen. Obwohl sie ...
... sich bislang beide daran gehalten hatten, keiner von ihnen wollte schließlich die Expedition verlassen, fühlte er sich immer unwohl, sobald er mit ihr in einem Raum war und konnte förmlich spüren, dass sie sich auf ihn nur allzu gern wie eine Löwin auf ihre Beute gestürzt und ihm die Augen ausgekratzt hätte.
Und doch war da irgendetwas, was ihn immer wieder zu ihr hin zog, was ihn ihre Nähe suchen ließ. Was war es bloß? Er konnte es einfach nicht greifen, es war zum Verrücktwerden. War er vielleicht pathologisch masochistisch veranlagt und fühlte sich durch ihre permanenten Sticheleien und Demütigungen erregt? War es ihr Duft, ihr Aussehen? Oder die Art, wie sich hübsche Grübchen in ihren Wangen abzeichneten, wenn er sie einmal in einem der seltenen Momente erwischte, in denen sie lächelte? Nein, es war irgendwie ... irgendetwas hatte sie an sich, was ihm das Gefühl gab, er würde sie schon seit Jahren kennen. Es war nicht direkt ein Gefühl der Vertrautheit, nicht so als wüsste er wirklich etwas über sie. Es fühlte sich viel eher so an als wären sie sich schon einmal begegnet, aber er war sich sicher, dass sie sich erst damals in dieser Bar, imLaughing Kookaburra, zum allerersten Mal über den Weg gelaufen waren. Und doch war ihm als würde sein Herz ihm sagen, dass Julia keine Unbekannte für es war.
Natürlich, mein Herz, das wird's sein, dachte er und schüttelte über seine eigene Torheit seinen Kopf.Als ob mir mein Herz irgendetwas sagen würde.
Seine Kehle fühlte sich ...