Argonauta Kapitel 12-22
Datum: 15.10.2020,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
... zweitausend Metern Höhe geschlafen, oft sogar nur in einem winzigen Einmannzelt."
„Und, wie war er so, der Yeti?"
„Na ja, ich habe nicht behauptet, dass ich den Yeti wirklich gefunden habe."
„Ach", entgegnete Julia sarkastisch.
„Dafür habe ich aber was anderes gefunden. Die Geister der Berge."
„Yeti? Geister der Berge? Willst du mich auf den Arm nehmen?"
„Natürlich nicht", sagte Florian. „Gib mir mal dein Tablet."
Sie reichte es ihm. Er rief die Homepage von GEO auf und rief einen Artikel auf. „Hier, schau selbst", sagte er.
Julia schaute auf das Display und traute ihren Augen kaum. „Das sind ja Irbisse", sagte sie ehrfurchtsvoll.
„Ja, eine Mutter mit ihrem Nachwuchs."
„Die Bilder sind fantastisch. So intim. Wie ist es dir nur gelungen, ihnen so nahe zu kommen?"
„Du würdest dich wundern, was mit einem Teleobjektiv möglich ist", sagte Florian.
„Trotzdem eine Meisterleistung. Ich kenne kaum ein Tier, das scheuer und geheimnisvoller lebt als ein Schneeleopard." „Zugegeben, es war nicht gerade einfach. Vor allem war's saukalt. In der Nacht minus dreißig Grad und der Wind heulte schrecklich laut."
„Hattest du Angst?"
„Ich hatte einen Sherpa als Guide. Er hat mich zu den besten Plätzen geführt, hat Spuren gelesen und ich habe mich bei ihm sehr sicher gefühlt. Aber trotzdem, ja, manchmal hatte ich Angst. Dennoch war es eines meiner schönsten Abenteuer bisher."
Sie saßen noch bis drei Uhr in der Früh am Tisch. Begeistert erzählte er ihr ...
... von seiner Reise. Er erzählte, wie er einmal unter der Höhenkrankheit gelitten hatte, weil er nicht auf seinen Sherpa gehört hatte und zu schnell aufgestiegen war. Er erzählte ihr, wie er mit einem uralten klapprigen Auto eine holprige Straße, die man in Mitteleuropa vermutlich nicht einmal Trampelpfad genannt hätte, zu einem Dorf hinauf gefahren war, um mit den Einheimischen über die Schneeleoparden zu sprechen. Er berichtete ihr, wie man ihn freundlich empfangen und mit Käse aus Yakmilch bewirtet hatte und wie die Dorfbewohner von ihren Erfahrungen mit dem Irbis berichtet hatten. Einer der Bauern hatte in einer Nacht die Hälfte seiner Schafe bei einem Angriff eines Schneeleoparden verloren. Ein großer Kater müsse es gewesen sein, denn er habe ihn gesehen, hatte er ihm berichtet. Mit großen, leuchtenden Augen habe der Kater ihn angestarrt und erst mit einem Schuss aus seinem Gewehr habe er das Tier vertreiben können. Dann habe er nur noch gesehen, wie der Irbis mit einem der Schafe im Maul in die Dunkelheit verschwunden war. Trotzdem hatte er überhaupt keinen Groll gegen die scheue Großkatze gehegt, denn seit einigen Jahren kämen immer wieder neugierige Touristen ins Dorf, nur um einen Irbis zu sehen und das ganze Dorf verdiene sich so ein nettes Zubrot, hatte der Bauer erzählt. So habe er sich nun auch ein paar Herdenschutzhunde kaufen können und seitdem habe er kein einziges Tier mehr an den Irbis verloren. Die Bevölkerung in Tibet hatte gelernt, mit dem Irbis zu leben und ...