Argonauta Kapitel 12-22
Datum: 15.10.2020,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
... darüber, dass mit einem Mal all ihre Träume geplatzt waren, ließen ihre schulischen Leistungen nach. Hilflos musste Thomas mit ansehen, wie Emily dabei war, sich ihr Leben zu verpfuschen. Dabei hätte sie im Grunde genommen froh darüber sein müssen, dass sie noch gehen konnte, denn sie hätte sich bei ihrem Sturz auch eine Querschnittslähmung zuziehen können.
Onkel Bill interessierte das Schicksal seiner Tochter in keiner Weise. Im Gegenteil, er trank mehr denn je und gab Emily allein die Schuld an allem, denn nachdem seine Tochter nun nicht mehr das talentierte Aushängeschild war, ging es mit der Ranch noch steiler bergab. Niemand wollte mehr ein Pferd vom einst so hochgelobten Bill kaufen. In den Ställen wurde es leerer und leerer, die Pferdetrainer suchten sich einen sichereren Arbeitsplatz bei der Konkurrenz, die Ranch stand am Ende. Und Bill tat alles dafür, den Ruin seines Lebenswerks noch schneller voranzutreiben. Doch das Schlimmste war, dass er seine Tochter mit in den Abgrund zog.
Schließlich erkannte Thomas, dass Bill nicht besser als dessen Schwester, seine Mutter, war und Emily erst wieder frei sein würde, wenn ihr Vater starb. Onkel Bill hatte in Thomas' Augen jedes Recht auf ein Weiterleben verwirkt und so fasste er einen Plan.
Eines Tages schlich Thomas sich heimlich aus der Schule und machte sich auf den Weg zur Ranch. Zwei Stunden später kehrte er wieder in die Schule zurück. Niemand hatte bemerkt, dass er fort gewesen war. Niemand, außer ...
... Emily.
„Wo bist du gewesen?", fragte sie.
„Nirgends", antwortete er ausweichend.
Als er und Emily dann am frühen Abend wieder nach Hause kamen, war der Sheriff schon da gewesen und wartete vor der Tür. Seine Miene war ernst und mitleidig.
Es habe einen Unfall gegeben, sagte er. Bill habe versucht, den Traktor vor der alten Scheune zu reparieren. Dabei müsse sich aus irgendwelchen unerklärlichen Gründen die Handbremse gelöst haben. Das schwere Gerät habe sich in Bewegung gesetzt und Bill überrollt. Der Tod sei auf der Stelle eingetreten, Bill habe nicht leiden müssen. Eine schreckliche Verkettung höchst unglücklicher Umstände.
Thomas wusste es besser. Er selbst hatte Bill mit dem Traktor überfahren und es dann wie einen Unfall aussehen lassen. Die Polizei schöpfte keinen Verdacht. Für sie war alles ein dummer Zufall, traurig, aber so etwas passierte nun mal. Der Sheriff drückte noch einmal sein Mitgefühl aus und damit war die Sache für ihn erledigt.
Emily ahnte sofort, was wirklich passiert sein musste.
„Wie konntest du nur?", zischte sie wütend und verpasste Thomas eine Ohrfeige.
„Ich musste es tun", antwortete er. „Er hat dein Leben zerstört!"
„Er war mein Vater!", schrie sie.
„Nein, das war er nicht", versuchte Thomas, sich zu rechtfertigen. „Er war dein biologischer Erzeuger, mehr nicht. Er hat sich doch nie um dich gekümmert und dir die schlimmsten Dinge angetan."
„Du hattest trotzdem nicht das Recht, über ihn zu richten!"
„Wer dann? Du wolltest ...