1. Argonauta Kapitel 12-22


    Datum: 15.10.2020, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... Muskelkater als stechendes Brennen bemerkbar, welches jedes Mal ihren Körper durchfuhr, wenn sie sich rührte. Der gestrige Tag war anstrengender gewesen als gedacht. Das stundenlange Waten durch den Schlick von einem Nest zum nächsten forderte nun seinen Obolus.
    
    Obgleich gefühlt jeder einzelne Muskel in ihrem Körper schmerzte, hatte Julia es sich nicht nehmen lassen, den bezaubernden Sonnenaufgang zu genießen. Verträumt hatte sie auf die schier endlose Wasserfläche hinausgeschaut und beobachtet, wie das Spiegelbild der aufgehenden Sonne in den sich brechenden Wellen zu tanzen schien. Nun schoben sich die Wolken vor den glühenden Ball. Der Wind frischte auf und augenblicklich wurde es unangenehm kalt.
    
    In der Hand hielt sie einen Becher dampfenden Kakao, um sich zu wärmen. Eine kräftige Brise zerrte an ihren Haaren und ließ sie frösteln.
    
    Ein Sturm wird kommen.
    
    Obwohl es ihr schwer fiel, ihren Blick von dem dramatischen Schauspiel am Himmel zu lösen, beschloss sie, kurz in ihre Kajüte zurückzukehren und sich ihre Lieblingslederjacke überzuziehen. Ihre vor drei Jahren gestorbene Großmutter hatte sie ihr vor vielen Jahren geschenkt. Das Teil hatte zweifelsfrei schon bessere Tage hinter sich, aber sie brachte es einfach nicht übers Herz, sich davon zu trennen. Allein der Geruch des weichen Leders ließ immer wieder aufs Neue die Erinnerungen an ihre liebevolle Omi aufleben.
    
    Julia trank ihren Becher leer. Sie schritt über das Arbeitsdeck und betrat über den offen ...
    ... stehenden Schott das Labordeck. Noch war es ruhig in den Labors. Sie hatte geglaubt, wenigstens der Professor würde schon arbeiten, aber anscheinend schlief auch er noch. Kein Wunder, das Frühstück würde erst in einer knappen Stunde serviert werden.
    
    Sie ging an den Laboren vorbei und stieg die Treppe ein Deck höher. Ihr Weg führte sie an Florians Kajüte vorbei.
    
    Ob er noch schlief? Oder war er auch schon wach? Für einen winzigen Augenblick war sie versucht, an seiner Tür zu klopfen. Ihr Arm hob sich schon in die Luft, als sie in ihrer Bewegung innehielt.
    
    Was sollte das nur schon wieder? Sie hatten sich einen Abend lang zugegebenermaßen ganz nett unterhalten. Aber hatte sie etwa vergessen, wer er war? Wie bescheuert er sich ihr gegenüber verhalten hatte? Also ließ sie es bleiben und ging in ihre Kajüte.
    
    Melina schlummerte noch tief und fest. Sie war nackt und hatte ihren wunderschönen Körper in ihre Decke eingehüllt. Sie lag auf dem Rücken und schnarchte leise. Julia überlegte, ob sie nicht einfach zu ihrer Freundin unter die Decke schlüpfen sollte und ...
    
    Nein, die Vorstellung war zwar verlockend, aber sie sollte wieder nach draußen. Also schnappte sie sich ihre Jacke und schlich dann so leise wie möglich, damit sie Melina nicht weckte, wieder aus dem Zimmer.
    
    Sie schloss die Tür hinter sich und ging den Flur entlang Richtung Treppe. Sie hüpfte, gleich mehrere Stufen auf einmal nehmend, nach unten und stieß plötzlich mit einem festen Leib zusammen. Der Aufprall war ...
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