1. Argonauta Kapitel 12-22


    Datum: 15.10.2020, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... wagen."
    
    Fisher klatschte in die Hände. „Also gut. Das ist die Gelegenheit."
    
    „Gelegenheit wofür?", fragte Julia.
    
    „Na, du willst doch in deiner Doktorarbeit auch Daten von Ortungsgeräten auswerten, oder?"
    
    „Ähm ... ja?", antwortete sie unsicher.
    
    „Dann kannst du jetzt einen Wal besendern."
    
    „Ich?!", rief Julia fassungslos.
    
    „Natürlich du, wer sonst? Ich hab' schließlich meinen Doktortitel schon."
    
    „Aber, ich habe das doch noch nie zuvor gemacht", protestierte Julia.
    
    „Genau deswegen. Schwimmen lernt man am besten, wenn man ins kalte Wasser geworfen wird."
    
    „Ok", war alles, was Julia wenig von sich selbst überzeugt hervorbrachte.
    
    „Keine Sorge, ich helfe dir dabei. Aber wir brauchen jede helfende Hand, die wir kriegen können. Geh und wecke Melina. Und dann trommelt Florian aus dem Bett. Mads, kannst du das kleine Beiboot bereit machen?"
    
    „Aber natürlich."
    
    „Gut, dann treffen wir uns in spätestens zehn Minuten wieder hier."
    
    *******
    
    Im Grunde genommen war es eine einfache Angelegenheit, einen Wal mit einem Ortungssender zu versehen. Jetzt, wo Julia zusammen mit Fisher, Melina und Florian sowie ausgerechnet Eric McKenna am Steuer in dem schaukelnden Beiboot saß, fühlte sie sich in eine Zeit zurückversetzt, in der raubeinige Seemänner noch mit Harpunen auf Wale geschossen hatten, um sie erbarmungslos auszubeuten.
    
    Und im Prinzip hatten sie jetzt genau das vor. Sie würden einen Wal harpunieren. Mit einer Armbrust würden sie eine Pfeilspitze in ...
    ... die Haut eines der beiden Wale abfeuern. Anders als damals würden sie den Wal aber nicht töten. Die Harpunenspitze würde stattdessen eine kleine Gewebeprobe des Wals entnehmen, die im Labor molekulargenetisch untersucht werden konnte. Auf die Weise, so die Hoffnung, war es vielleicht eines Tages möglich, ganze Familienstammbäume der Walpopulationen zu erstellen. Außerdem würden sie mit Hilfe eines Saugnapfes einen Datenlogger mit eingebautem GPS-Sender an den Wal anbringen. Das Gerät war mit einer kleinen Batterie ausgestattet, die einige Monate lang genügend Strom liefern würde. Damit konnte man später jederzeit bequem vom Computer aus per GPS die Position des Wals auf einen Meter genau orten. Alle fünf Minuten maßen Sensoren im Datenlogger außerdem die Wassertiefe, die Temperatur, Salzgehalt und die Schwimmgeschwindigkeit und übermittelten die Daten automatisch einmal täglich per Satellit zur Auswertung auf den Server des Forschungsinstituts.
    
    Mit atemberaubender Geschwindigkeit von fast einundzwanzig Knoten, umgerechnet knapp vierzig Kilometer je Stunde, peitschte das Schlauchboot über die mehrere Meter hohen Wellenkämme. Die See war unruhig und Julia hatte das Gefühl, in einer Schiffschaukel zu sitzen. Ihr Magen rebellierte.
    
    „Ich glaube, ich muss gleich kotzen", seufzte sie kreidebleich.
    
    „So schlimm?", fragte Fisher.
    
    „Schlimmer", antwortete Julia. Der Wind zerrte an ihren Haaren und mit der neonorangenen Rettungsweste am Leib fühlte sie sich unbeweglich.
    
    Ich ...
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