1. Argonauta Kapitel 12-22


    Datum: 15.10.2020, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... ausweglos sei. Singer war kein durchtrainierter Schwimmer und er war nicht mehr der Jüngste. Das Festland war viel zu weit entfernt, um das Ufer schwimmend zu erreichen.
    
    Dann wurde ihm aber klar, dass Renner und der Alte ihn ja irgendwie auf die Insel gebracht haben mussten. Am wahrscheinlichsten war es, dass sie ein Boot benutzt hatten. Ein Boot, das irgendwo am Ufer der Insel festgemacht sein musste. Er hatte zwar keine Ahnung, wo es sich befand, aber das war egal. Es musste jedenfalls eines geben. Vermutlich gab es eine kleine Anlegestelle dafür. Alles, was er also tun musste, war im schlimmsten Fall einmal die gesamte Küste abzulaufen, bis er das Boot gefunden hatte. Als es noch Nacht gewesen war, war es dafür viel zu dunkel gewesen. Die dünne Mondsichel hatte ihm kaum den Weg leuchten können, deshalb hatte er warten müssen, bis die Dämmerung einsetzte. Hoffentlich würden Eos' Rosenfinger hell genug sein, ihm den rechten Weg zu weisen und gleichzeitig noch genug Deckung geben, um nicht von Renner oder Jürgens gefunden zu werden. Er fragte sich, ob Renner immer noch in seiner Zelle eingesperrt war. Ob er noch lebte? Singer hatte ordentlich zugestochen, vielleicht war Renner verblutet. Nein, das war eher unwahrscheinlich. Singer hatte zwar nicht genug Ahnung von Anatomie und auch wenn es ordentlich gespritzt hatte, glaubte er, dass die Blutmenge erheblich mehr hätte sein müssen, wenn er ein lebenswichtiges großes Blutgefäß getroffen hätte. Renner lebte wahrscheinlich ...
    ... noch, war aber hoffentlich lange genug außer Gefecht gesetzt.
    
    Singer erhob sich langsam und klopfte sich den feuchten Sand von seiner Kleidung. Kurz wurde ihm schwindelig, bis sich sein Blutdruck normalisiert hatte. Dann stolperte er langsam in Richtung des hoffentlich rettenden Gestades.
    
    Er ging langsam und geduckt, um möglichst wenig Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Im Kopf versuchte er zu überschlagen, wie weit er wohl gehen musste, bis er das Boot fand. Die Insel mochte nicht ganz kreisrund sein, eher elliptisch. Seiner Einschätzung nach befand sich im Norden des Eilands der alte Gebäudekomplex, dem er entkommen war. Vermutlich war er einst als Gefängnis geplant worden. Ein Großteil der Mauern war aber inzwischen eingefallen und verwittert. Die Natur hatte sich Stück für Stück die alten Gemäuer zurück erobert. Überall aus den Mauerritzen wuchsen kleine Bäumchen hervor. Singer nahm an, dass seine Entführer die Gebäude nutzten, er hatte sich deshalb in südliche Richtung begeben, wo er sich in den Sanddünen gut verstecken konnte. Direkt dahinter befand sich ein dichter Wald. Er fand, dass es klüger wäre, dem Küstenverlauf einfach im Uhrzeigersinn zu folgen, also zunächst weg vom Gebäudekomplex zu laufen. Der Zugang zur Insel und damit der Schiffsanleger befand sich vermutlich im Westteil.
    
    Er schätzte, dass der Durchmesser der Insel nicht mehr als einen Kilometer betrug, höchstens zwei. Das bedeutete, dass er wahrscheinlich zwischen drei und sechs Kilometer Fußmarsch ...
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