Argonauta Kapitel 12-22
Datum: 15.10.2020,
Kategorien:
Romane und Kurzromane,
... rann ihm von der Stirn. Doch eine zweite Pause wollte er einfach nicht riskieren. Wenn er jetzt anhielt, wusste er, würde er vielleicht nicht wieder aufkommen. Dann würde man ihn finden und er wäre verloren.
Also weiter. Meter für Meter. Schritt für Schritt.
Dann sah er es.
Das Boot.
Oder viel mehr die Jacht.
Es hatte an einem Anlegeplatz festgemacht. Aus der Ferne schien es winzig zu sein und sein weißer Rumpf glänzte in der Sonne. Obwohl das Boot bestimmt noch über einen Kilometer entfernt war, schöpfte Singer Hoffnung.
Das war seine Rettung! Er dachte an seine Frau und an seine Tochter. Bald schon würde er beide wieder in seinen Armen halten können und nur das zählte. Vergessen sein würden dann die zurückliegenden Stunden - oder waren es schon Tage? Sollte sich doch die Polizei dann um diese Verbrecher kümmern. Ohne das Boot würden sie auf der Insel ja festsitzen. Fliehen konnten sie dann nicht mehr.
Er beschleunigte seine Schritte. Das Boot kam näher und näher. Singer verschwendete keinen Auenblick lang einen Gedanken daran, dass er noch nie ein Boot gesteuert hatte, schon gar nicht eine Jacht wie diese, die bestimmt zwölf Meter lang war und jetzt, so aus der Nähe betrachtet, doch beängstigend groß wirkte.
So schwer kann es doch wohl nicht sein, dachte er, er wollte schließlich nur ein Boot von A nach B steuern und keine Mondrakete abfeuern.
Dann hatte er es geschafft. Er war da.
Doch das erste Problem war, das Schiffstau zu lösen. Wenn ihm ...
... das nicht gelang, dann war seine Flucht vorbei, noch bevor sie richtig begonnen hatte.
Unruhig zerrte er an dem dicken Seil. Er schob und drückte, doch es gelang ihm nicht. Bei den Seeleuten im Fernsehen sah es immer so leicht aus. Aber die wussten auch, wie man so einen Knoten legte und wie man ihn ganz leicht wieder lösen konnte.
Mehrere Minuten lang passierte nichts. Dann gab er es auf. Verzweifelt schaute er sich um. Gab es vielleicht etwas, mit dem er das Seil durchtrennen konnte, wenn es ihm schon nicht gelang, den Knoten zu lösen?
Doch natürlich gab es da nichts. Was hatte er auch erwartet? Dass er irgendwo ein Schwert in einem Stein finden würde, das er nur herausziehen musste und dann wie von Zauberhand den gordischen Knoten zerschlug? So viel Glück hatte niemand.
Also versuchte er es doch wieder mit seinen Händen. Und tatsächlich, es gelang ihm, den Knoten zu lösen. Er wusste nicht, wie er dieses Kunststück fertig gebracht hatte, vermutlich würde er es auch kein zweites Mal schaffen. Aber das war egal. Jetzt konnte er fliehen.
Mit überraschendem Elan kletterte er die Edelstahlleiter nach oben und schon stand er auf dem Schiffsdeck. Das Meer war ruhig und das Boot schaukelte kaum merklich.
Dort war das Steuerrad. Hieß es so? Oder hatten die Seeleute irgendeinen Fachbegriff dafür? Es war ihm egal.
Dann fiel ihm ein, dass man zum Starten bestimmt so etwas wie einen Zündschlüssel benötigte, den er nicht hatte. Konnte man ein Boot kurzschließen wie ...