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Gegen alle Widerstände
Datum: 29.11.2020, Kategorien: Romane und Kurzromane,
... an. "Wenn Mami unsere Zimmer aufräumt, dann könnte sie vielleicht den Umschlag entdecken und wir wollen sie nicht in Versuchung führen. Sie soll das ja erst zum Geburtstag sehen und manchmal ist sie schon ein bisschen neugierig." Gregor lachte, erinnerte sich an einige Episoden mit seiner Mutter in seiner Jugend und schrieb in großen Druckbuchstaben "Erst am Geburtstag öffnen!" auf den Umschlag. "So, jetzt weiß sie es. Es dürfte nichts mehr passieren. Würdet ihr mir noch einen Gefallen tun?" Alexandra und Daniele nickten. "Hier sind 30 Euro. Davon holt Ihr für eure Mama zum Geburtstag einen schönen Blumenstrauß und wünscht ihr alles Gute von mir." Die Mädchen waren mit diesem Vorschlag einverstanden und steckten die Geldscheine ein. Lachend wehrte er die üblichen 5 Euro für das Malen ab und die Mädchen verabschiedeten sich fröhlich von ihm. Warum nur konnte deren Mutter nicht so nett und liebenswürdig sein? Diese Frage machte ihn ein klein wenig melancholisch. Gregor holte sich noch einen Kaffee am Tresen ab und lehnte sich entspannt in seinem Stuhl zurück. Er fühlte sich auf einmal sehr wohl. Die nächsten zwei Wochen saß er immer am Vormittag im Café, gelegentlich zeichnete er, aber die meiste Zeit sinnierte er nur entspannt vor sich hin und bereitete sich geistig und moralisch auf seine bevorstehende Arbeit in Genf und Langenthal vor. Er hoffte, dass Silke vorbeikommen würde und er sie noch einmal sehen konnte, aber in dieser Beziehung wurde er ...
... enttäuscht. Sie ließ sich nicht blicken, stattdessen schickte sie die Kinder zum Einkaufen, so als würde sie sich davor fürchten, ihm wieder zu begegnen. Alex und Dani saßen dann eine Zeitlang bei ihm, schauten ihm beim Malen zu und befragten zu den Maltechniken und den verwendeten Stiften. Gregor zeigte ihnen wie man Schattierungen anfertigte, wie man gewisse Konturen hervorhob und betonte und wie man einer Zeichnung eine räumliche Dreidimensionalität verleihen konnte. Wenn Silke sie fragte, warum das Einkaufen denn so lange gedauert hatte, war ihre Ausrede, dass sie ein paar Freundinnen getroffen hatten und vor lauter Tratschen die Zeit vergessen hatten. Sie wussten ja nicht was zwischen ihrer Mutter und Gregor vorgefallen war, hatten aber mitbekommen, dass sie nicht gut auf ihn zu sprechen war. Sie dagegen mochten den Schweizer Maler, weil er sehr zuvorkommend und höflich zu ihnen war und sich die Zeit nahm, auf ihre Fragen zu antworten. Dann verabschiedete sich Gregor von ihnen, weil die Arbeit in Genf, Langenthal und Winterthur auf ihn wartete. * * * Das Opernhaus in Genf hatte für ihn ein Zimmer im Génève Centre Lac reserviert. Sehr nobel, dachte sich Gregor und war froh, dass er den Weg zur Oper zu Fuß zurücklegen konnte. Am nächsten Morgen machte er sich an die Arbeit, erklärte den Schreinern, wie er die Rahmen gebaut haben wollte, bespannte sie mit Leinwand, grundierte sie weiß und begann konzentriert zu zeichnen und zu malen. So vergingen die ...