1. Gegen alle Widerstände


    Datum: 29.11.2020, Kategorien: Romane und Kurzromane,

    ... lebender Verwandter, der Maulwurf.
    
    Als sie an der Kasse stand und ihre Sachen einpackte, macht sie einen langen Hals, um zu sehen, wer an besagtem Tisch saß, wo sonst immer der Schweizer Pinselschwinger hockte und die affigen Dorfschönheiten abbildete. Obwohl sie diesen eingebildeten Maler nicht ausstehen konnte, wie sie sich immer häufiger einredete, versetzte es ihr doch jedes Mal einen Stich, wenn er die Dorfgrazien zeichnete und dabei mit ihnen scherzte und flirtete.
    
    Aber am Tisch waren nur Manfred und Helmut und die konnte sie doch unmöglich fragen, wo ihr Gregor abgeblieben war.
    
    Erschrocken hielt sie inne und erstarrte förmlich zur Salzsäule, wie Lots Frau auf der Flucht aus Sodom und Gomorrha.
    
    Hatte sie eben "ihr Gregor" gedacht?
    
    Das durfte doch nicht wahr sein. Kaum war der Kerl vier Wochen fort, da fehlte er ihr! Sie sollte doch wohl froh sein, dass der Seuchenvogel weg war. Aber nein, auch diese Woche hatte sie ihn nicht einmal gesehen und dachte ständig an ihn.
    
    * * *
    
    Tanja und Sabine standen hinter ihr an der Kasse und unterhielten sich in lockerem Plauderton. Silke spitzte die Ohren, als sie den Namen "Gregor" vernahm.
    
    "Wie hat deinem Mann das Bild von Gregor gefallen?" wollte Tanja wissen.
    
    "Ganz toll, er hat es gleich gerahmt und in seinem Arbeitszimmer aufgehängt. Er hat gemeint, da hätte er immer einen hübschen Anblick bei der Arbeit vor Augen", erwiderte Sabine und dachte schmunzelnd daran, was ihr Roland danach noch alles mit ihr ...
    ... angestellt hatte.
    
    "Ja, Gregor hat schon einiges auf dem Kasten", meinte Tanja, "und wenn er mit seinem "Pinsel" genau so virtuos umgehen kann, wie mit seinen Malstiften, dann wäre ich gerne mal seine Leinwand. Er bräuchte mich nicht einmal grundieren, sondern könnte gleich mit dem Spachteln anfangen."
    
    Silke wurde blass.
    
    ˋDiese kleine Schlampe. Die würde doch glatt ihrem Ehemann mit "ihrem Gregor" Hörner aufsetzen.
    
    Moment mal, hatte sie eben vielleicht schon wieder "mit ihrem Gregor" gedacht?ˋ
    
    Sie stützte sich auf dem Einkaufswagen ab und blickte nachdenklich auf den Tisch an dem sonst immer Gregor saß.
    
    Alexandra stieß ihre Mutter an.
    
    "Was ist los, Mami? Erst rennst du wie eine Gestörte durch den Laden und jetzt stehst du rum und kommst nicht in die Gänge. Ist was?"
    
    "Nein, nein, Kinder, ich habe nur an was gedacht." Ja verdammt noch mal, sie hatte an Gregor gedacht. An den Mann, den sie am liebsten aus ihren Gedächtnis streichen würde.
    
    Jetzt war sie schon zum dritten Mal in dieser Woche beim Einkaufen und hatte ihn noch nicht einmal gesehen.
    
    Mist. Mist, Mist!
    
    Warum konnte er jetzt nicht da sein?
    
    "Auf das nächste Bild werden wir wohl noch eine Zeitlang warten müssen", meinte Sabine.
    
    Silke wurde wieder hellhörig.
    
    "Wieso denn das?" wollte Tanja wissen.
    
    "Na, Gregor ist doch für ein paar Wochen in der Schweiz zum Arbeiten", sagte Sabine schwermütig. "Schade eigentlich."
    
    "Ja", erwiderte Tanja, "er wird mir schon fehlen."
    
    ´Verdammtes ...
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