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Kumiho Na-Ri 01
Datum: 31.12.2020, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie,
... dicht an seinen Ohren. Erschrocken drehte er sich zu ihr um. Absolut lautlos trat sie hinter dem Baum neben ihm hervor. „Ich werde ganz langsam gehen, und du folgst mir einfach. Wenn du dich an das Tempo gewöhnt hast, können wir schneller werden. Oder hast du erwartet, dass ich dich trage?" „Nein, natürlich nicht. Aber ohne Weg kann ich nicht durch den Dschungel laufen. Ich muss mir einen Pfad schlagen. Menschen können nicht fliegen!" „Das musst du auch nicht. Öffne einfach deine Augen. Siehst du den Pfad da nicht?" De-Yong blickte verwirrt in die Richtung, in welche sie zeigte. „Meinst du etwa die Kaninchenspur?" „Das ist doch keine Kaninchenspur. Das ist der Pfad eines Vampirhirsches. Und weiter hinten werden wir auf einen Elefantenpfad stoßen. Den solltest selbst du erkennen!" Sie ergriff seine Hand und zog ihn hinter sich her. Verdattert ließ er sich von ihr führen. Na-Ri schlug einen schnellen Schritt an, und De-Yong bemühte sich, ihr entsprechend zu folgen. Sie hatte ja recht, es war ein gangbarer Pfad. Aber ohne sie hätte er ihn wohl niemals entdeckt. Der Pfad war stellenweise von Blättern und Ästen verdeckt, und wenn sie nicht voraus gegangen wäre, hätte er sich schon nach wenigen 100 Schritten heillos verirrt. Nach einigen Schritten hatte sie seine Hand losgelassen, sah sich aber immer wieder zu ihm um, wenn er etwas zurückblieb, allerdings ohne ihr Tempo zu verringern. Es erforderte seine ganze Aufmerksamkeit, ihr sowohl so ...
... schnell zu folgen, als auch gleichzeitig darauf zu achten, wo er hintrat, damit er nicht stolperte und stürzte. Und im Gegensatz zu ihren, waren seine Schritte laut. „Kannst du dich bitte bemühen, nicht so laut herumzutrampeln?", fauchte Na-Ri ihn denn auch nach einiger Zeit an. „Du verschreckst den halben Wald. Und noch schlimmer: Du weckst die Aufmerksamkeit der anderen Hälfte!" „Ich dachte, Kumihos müssen nichts fürchten?" „Müssen wir auch nicht. Du aber schon. Hier leben Tiger!" Erschrocken sah De-Yong sich um und griff instinktiv zu seinem Schwert. Doch die Kumiho lachte, als hätte sie einen Scherz gemacht. „Lass dein Schwert stecken. Solange du bei mir bist, wird dich kein Tiger anfallen. Aber trotzdem: Wenn du so laut bist, kann ich die Stimmen des Waldes nicht hören. Und ich muss wissen, was vor uns liegt. Also tritt gefälligst leiser auf. Wenn du das in deinen Stiefeln nicht kannst, dann zieh sie aus und laufe Barfuß, so wie ich." „Hier gibt es Schlangen, ich kann nicht barfuß laufen!" „Dann pass einfach auf, nicht auf eine zu treten. Die betrachten dich nicht als Beute, die wollen nur ihre Ruhe vor dir!" „Ich sehe die doch nicht einmal, wenn die zwischen den Blättern lauern!", maulte De-Yong. So unvermittelt blieb Na-Ri stehen, dass er beinahe in sie rein gelaufen wäre. Sie hatte ihren Kopf in den Nacken gereckt und atmete auffällig durch ihre Nase, als würde sie wie ein Hund etwas wittern. „Was ist?" „Still!", zischte sie. ...