1. Mangel an Respekt


    Datum: 26.02.2019, Kategorien: Hausfrauen

    ... Honig oder Marmelade belegt. Er selbst wollte so früh noch nichts essen und begnügte sich mit einer Tasse schwarzen, heißen Kaffees. Sie überlegte, wann sie sich das letzte Mal für diese liebevollen Handlungen bedankt hatte. Sie wusste es nicht. Dieses Ritual war für sie zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Nein, korrigierte sie sich selbst, nicht das Ritual war selbstverständlich, sondern Dirk war es. Sie erwartete es einfach von ihm, und setzte es voraus, dass er sich so um sie kümmerte.
    
    Als ob die Blumen, die ihr Dirk zum Hochzeitstag geschenkt hatte, plötzlich erschienen wären, tauchten sie in ihrem Blickfeld auf. Christel stand auf und roch daran. Wo waren die Ohranhänger, die ihr Dirk ebenfalls geschenkt hatte? Aufgeregt fasste sie sich an ihre Ohrläppchen und atmete erleichtert aus. Die Kleinodien hingen noch da, wo sie hingehörten. Ihr Mann hatte sie zu ihrem Hochzeitstag für ihre finanziellen Verhältnisse reich beschenkt. Was hatte sie ihm gegeben? Nichts. Sie hatte vorgehabt, sich um ihn in ihrer ganz speziellen Art und Weise nach ihrer Rückkehr nach Hause zu kümmern. Einen Vorgeschmack darauf hatte er zwar schon bekommen, als sie sich sexy angekleidet und auf ihre Unterwäsche verzichtet hatte, doch im Laufe des gestrigen Abends hatte sie diesen „Vorgeschmack" nicht nur ihm, sondern auch Florian geschenkt. Die ursprüngliche Exklusivität dieses Geschenkes hatte sich in einen Verrat an ihrem Mann gewandelt. Sie hatte ihm alle Tänze geschenkt, aber auch ...
    ... dieses Geschenk widerrufen, als sie mit Florian auf die Tanzfläche gegangen war. Was hatte sie sich dabei gedacht, diesen Mann über ihren Ehemann zu stellen? Sie kannte die Antwort. Der junge Mann war etwas Besonderes, Dirk hingegen war selbstverständlich. Sie hatte angenommen, dass er natürlich noch für sie da wäre, nachdem sie ihre Tänze mit ihrem Liebhaber beendet hätte. Ja, Florian war ihr Liebhaber gewesen. Sie hatte mit ihm geflirtet, ihm ihre geheimsten Wünsche und Gedanken preisgegeben, und letztendlich hatte sie Dirk mit ihm nicht nur körperlich, sondern auch emotional hintergangen. Christel gestand es sich endlich ein, dass all das, was sie Florian gegeben hatte, zulasten ihres Mannes erfolgt war. Dennoch meinte sie unterbewusst, dass Dirk zu viel in die verschenkten Tänze hineininterpretieren würde. Das war natürlich menschlich, denn wer versucht sich nicht von Schuld frei zu waschen, um sich damit selbst zu schützen.
    
    Christel schreckte aus ihren Gedanken hoch, als sie den Quittungston hörte, der ihr den Erhalt einer Nachricht ankündigte. Schnell nahm sie ihr Handy in die Hand und scrollte durch die Menüs. Dirk hatte ihr eine SMS geschickt. Schnell öffnete sie die Nachricht und las: „Hallo Christel, nein, ich werde noch nicht nach Hause kommen. Ich bin mir auch gar nicht mehr sicher, ob unsere Wohnung noch mein Zuhause ist. Du hast mich gestern, an unserem Hochzeitstag, tief verletzt. Ich gebe dir Gelegenheit, mir zu erklären, warum du getan hast, was du getan hast. ...
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