1. Die Koloskopie


    Datum: 04.06.2024, Kategorien: Schwule

    ... geben?"
    
    Die Pflegerin nickt. Ich schreibe in meinen Taschenkalender auf eine leere Seite des Monats April, reiße sie heraus, falte sie zweimal und reiche sie der Krankenschwester.
    
    „Vielen Dank und einen schönen Abend noch!" verabschiede ich mich.
    
    In der Straßenbahn auf dem Weg zu meiner Wohnung denke ich über mein bisheriges Liebesleben nach. Wenn ich ehrlich bin, habe ich mir nie viel aus Sex gemacht. Es war immer meine Freundin gewesen, die ab und zu Sex wollte. Sie hat immer den aktiven Part übernommen. Wenn sie es nicht getan hätte, wäre mir Sex noch unangenehmer gewesen. Unangenehm? So habe ich das bisher nicht gesehen. Aber es stimmte, Sex mit Frauen machte mir im Grunde genommen keinen Spaß. Ich dachte immer Sex würde mir generell weniger als anderen Menschen bedeuten, aber war das wirklich so? Was war mit Männern? Würde mir Sex mit Männern gefallen? Ich konnte mir definitiv nicht vorstellen einen Mann zu ficken.
    
    „T'schuldigung!" Ein Mann quetscht sich an mir vorbei, weil er wohl bei der nächsten Haltestelle aussteigen will.
    
    Verstohlen betrachte ich den Mann. Anfang bis Mitte vierzig, Bartträger, schütteres kurzes Haar, drahtiger Typ. Etwas ungepflegt, aber durchaus attraktiv.
    
    Wie wäre es, wenn er mich berühren würde? Meine nackte Haut streicheln, meine Penis anfassen, meine Hoden in die Hand nehmen und dann in mich eindringen und mich ficken würde?
    
    Mein Körper gibt eine Antwort, die eindeutiger nicht sein könnte.
    
    Die letzten hundert Meter ...
    ... zwischen der Haltestelle und meiner Wohnung gehe ich durch eine belebte Straße mit kleinen Geschäften. Vor meinem inneren Auge sehe ich jetzt nicht mehr den Mann in der Straßenbahn, sondern Christoph Roth. Für meinen Körper macht es offensichtlich keinen Unterschied, er ist nach wie vor erregt.
    
    Heute Abend bin ich ganz durcheinander. Ich versuche mich mit Fernsehen abzulenken nachdem ich es aufgegeben hatte den Roman weiterzulesen, was ich sonst sehr gerne tue und damit viel Zeit verbringe. Um zehn Uhr gehe ich zu Bett. Morgen habe ich gleich die ersten vier Stunden Unterricht und muss deshalb früh aufstehen. Ich bin todmüde, aber schlafen kann ich trotzdem nicht. Zur gleichen Zeit in der Universitätsklinik:
    
    Er hat Schmerzen in den Armen. In den Beinen nicht. Leider. Beim Sturz aus dem dritten Stock hatte er sich beide Beine und einen Arm gebrochen. Mehrere Brüche, eine leichte Gehirnerschütterung und diverse Wunden überall an den Extremitäten und am Rücken waren durch den Aufprall auf den Anhänger, der im Garten gestanden hatte, hervorgerufen worden. Seine Wirbelsäule hatte einiges abbekommen. Bis jetzt hatte er immer noch kein Gefühl in den Beinen. Er hoffte, dass der Chefarzt recht hatte und das Gefühl in seinen Beinen wiederkommen würde. Der Anhänger hatte ihm das Leben gerettet und das war das eigenartige, im Garten hatte noch nie ein Anhänger gestanden. er hatte noch nicht mal gewußt, dass der da stand. Es war schon dunkel gewesen als er auf den Balkon gegangen war. ...
«12...678...16»