1. Valyna 03: Wasserspiele


    Datum: 29.04.2025, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie,

    ... Frischer Mut und Zuversicht erfüllten sie, als sie auf den Flur trat.
    
    Zu ihrer Überraschung zog sich eine schlammige Fußspur über den Boden in Richtung eines Zimmers, aus dem köstlicher Essensduft und strahlender Kerzenschein lockten. Bei einem Blick in die andere Richtung, in der sie das Treppenhaus wusste, durchzuckte sie kurz der Impuls zu fliehen.
    
    Aber nein, sie hatte sich vorgenommen, um ihren Prinzen zu kämpfen und ihn aus den Klauen der Hexe zurückzugewinnen. Entschlossen drückte sie ihren Rücken durch und schritt ihrer Feindin entgegen.
    
    Auf der Schwelle blieb sie überrascht stehen.
    
    „Heinrich!", jauchzte sie.
    
    In dem Speisezimmer wartete alleine ihr Geliebter. Aber in was für einem desolaten Zustand war ihr heldenhafter Prinz? Das Haar hing ihm in verklebten Strähnen ins Gesicht, sein unbekleideter Oberkörper war mit blutigen Kratzern verunstaltet. Seine klatschnasse Hose hing wie ein Sack an ihm herab und tropfte auf die bloßen Füße, unter denen sich eine morastige Pfütze auf dem teuren Teppich gebildet hatte.
    
    Am schrecklichsten aber waren seine Gesichtszüge anzusehen, düsterer als die Gewitterwolken hinter dem Fenster.
    
    *
    
    Leise Schritte und das kaum hörbare Rascheln eines seidenen Kleides zeigten Heinrich an, dass sich eine Dame näherte. Doch auf das Bild, das sich ihm bot, war er nicht vorbereitet.
    
    In der Tür erschien Prinzessin Laureana in ihrer ganzen strahlenden Schönheit. Es verschlug ihm die Sprache. Da stand die lange Gesuchte. Er ...
    ... wollte ihr entgegenfliegen, sie in seine Arme nehmen und aus dieser finsteren Festung führen.
    
    Dann setzte sein Verstand ein. Misstrauisch kniff er die Augen zusammen. Dies konnte nicht wahr sein, so leicht würde Valyna es ihnen nicht machen. Er witterte geradezu die Falle.
    
    So offensichtlich war der Fehler, den die Betrügerin gemacht hatte, dass er beinahe laut auflachte. Schließlich hatte er gesehen, in welchen schrecklichen Zustand Laureana durch die Haft versetzt worden war. Dagegen stand vor ihm das Bild einer Prinzessin wie aus seinen schönsten Träumen. Das goldgelbe Kleid umschmeichelte ihren zarten Leib. Ihr Haar war perfekt gerichtet. Ihre Haut rein und weiß, auf den Wangen schimmerte ein Hauch von Rouge. Lieblicher Rosenduft umwehte sie. Diese adrette Erscheinung konnte nicht real sein.
    
    Er wusste schließlich aus leidvoller Erfahrung, dass die Zauberin die Gestalt anderer täuschend echt nachahmen konnte. Reue und Wut überkam ihn, als er an den ersten Fluchtversuch dachte. Da hatte er geglaubt, Laureana aus dem Turm zu bringen, doch die Hexe hatte ihn genarrt und verführt. Zweimal würde er ihr nicht auf den Leim gehen. Für wie einfältig hielt sie ihn eigentlich?
    
    Ihre zur Schau getragene Überraschung und Freude machte ihn nur noch wütender. Aber er nahm sich zusammen und würde die Scharade mitspielen. Augenscheinlich hielt sie dies für eine Art Rollenspiel. Also würde er so tun, als ob er auf die Verkleidung hereinfiele, ganz im Sinne seines Schwurs, alles zu ...
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