1. Valyna 03: Wasserspiele


    Datum: 29.04.2025, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie,

    ... begehrte und nichts von seinen Eskapaden wusste.
    
    Heinrich hörte sich die unglaubliche Geschichte zunehmend amüsiert an. Ein Riese, der die Geisel ins Bad führte, pah! Nun, da er die Oberhand hatte und seiner Widersacherin einen Schritt voraus war, gewann er mehr und mehr Spaß an dem Theater. Interesse heuchelnd stellte er Zwischenfragen, um die Betrügerin zu zwingen, ihr Lügenmärchen immer weiter zu spinnen. Ihre Fähigkeit, auf alles eine Antwort und selbst kleinste Details zu erfinden, faszinierte ihn. Gleichzeitig frustrierte ihn, dass es ihm nicht gelang, sie aufs Glatteis zu führen und sie dazu zu bewegen, ihre Tarnung aufzugeben. Er beschloss, den Einsatz zu erhöhen.
    
    *
    
    Im Speisesaal breitete der schwarze Vogel seine Flügel aus und segelte lautlos bis vor die Tür des Bads. Er legte den Kopf schief, um zu lauschen. Im nächsten Augenblick wuchs er, sein Körper dehnte sich und verlor das Gefieder, bildete menschliche Arme und Beine. Statt seiner stand eine gefährliche Schönheit auf dem Teppich. Sie schien sehr zufrieden mit sich und der Art und Weise, wie sich die Dinge entwickelten.
    
    Gerne würde sie den beiden genarrten Liebenden zusehen. Doch war das Zimmerchen zu winzig, als dass sie selbst in Tiergestalt unbemerkt hätte hineinschlüpfen können. Das bedeutete aber nicht, dass sie von dem Geschehen ausgeschlossen war. Ihr standen andere Mittel und Möglichkeiten zur Verfügung.
    
    Beschwingt spazierte Valyna in Richtung ihres luxuriösen Schlafzimmers. Frontal ...
    ... gegenüber dem gewaltigen Spiegel setzte sie sich auf die Bettkante. Sie vollführte arkane Gesten und sprach Worte, die vor Macht vibrierten.
    
    Ihr Spiegelbild verschwamm und stattdessen erschien eine Szene, wie sich ein junges Paar in einer kleinen Stube unterhielt. Ihre Stimmen klangen ein bisschen verzerrt, doch ihre Worte waren klar verständlich.
    
    Valyna lehnte sich zurück in die Kissen und genoss die Vorführung.
    
    *
    
    Heinrich deutete auf die Badewanne. Den Test, den er im Sinn hatte, könnte die Böse nicht bestehen. „Wir werden noch einige Zeit hierbleiben müssen. Da dürfte es nicht schaden, wenn ich ein Bad nehme und mir den Schmutz und Schlamm abwasche. Du hast doch nichts dagegen?"
    
    Hinter Laureanas Stirn arbeitete es. Selbstverständlich müsste sie den Raum verlassen, wenn er badete. Doch draußen liefe sie Gefahr, der bösen Zauberin oder ihren Schergen in die Arme zu laufen. Zudem hatte sie, auch wenn sie es niemals zugeben durfte, ihn bereits im Adamskostüm gesehen. Welcher zusätzlicher Schaden könnte also dadurch entstehen, wenn sie blieb?
    
    „Eine vernünftige Idee", bestätigte sie, „ich werde mich derweil umdrehen."
    
    Sittsam wendete sie ihm den Rücken zu.
    
    Heinrich triumphierte innerlich. Das war der letzte Beweis, dass sein Verdacht zutraf. Eine wahre Dame mit der unbefleckten Tugend Laureanas würde nie bei einem badenden Mann verweilen, mit dem sie nicht vermählt war.
    
    Aus den Augenwinkeln sah er in den Frisierspiegel auf dem Toilettentischchen und ...
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